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Sozialdumping: EU-Abgeordnete fordern soziale Gerechtigkeit und faire Löhne

Aufgrund des verschärften Wettbewerbs können sich Unternehmen dazu veranlasst sehen, ihre Arbeitskosten zu reduzieren. Dies kann zu einer Senkung der Sozialstandards und einer Verschlechterung der Arbeitnehmerrechte führen. Während der vergangenen Plenartagung im September haben sich die EU-Abgeordneten klar gegen Sozialdumping ausgesprochen. Maßnahmen für ein besseres Verhältnis von Berufs- und Privatleben sowie Regelungen zum Mindesteinkommen in der EU standen ebenso auf der Tagesordnung.

Unternehmen versuchen ihre Ausgaben, auch im Zusammenhang mit den Arbeitskosten, zu senken. In diesem Kontext ist oft von Sozialdumping die Rede. Doch was versteht man eigentlich unter diesem Begriff? Ziel von Sozialdumping ist, Arbeitskosten zu senken und dies kann auch über illegale und ausbeuterische „vorsätzlich missbräuchliche Praktiken“ geschehen.

Missbräuchliche Praktiken
EU-Unternehmen können Arbeitnehmer in einen anderen Mitgliedstaat schicken, also „entsenden“, um dort während eines begrenzten Zeitraums eine Dienstleistung zu erbringen. Durch die Entsendung können Einkommensunterschiede ausgenutzt werden. Missbrauch durch Briefkastenfirmen oder Kettenentsendungen ist möglich.

Unter Sozialdumping fällt auch die sogenannte Scheinselbstständigkeit. Ziel ist, ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis zu umgehen, um unter anderem Sozialversicherungsbeiträge zu sparen. Angeblich selbstständige Arbeiter werden beschäftigt, die nach dem Gesetz jedoch als echte Arbeitnehmer behandelt werden müssten.

Die Landwirtschaft, das Baugewerbe, die Gastronomie- und Lebensmittelbranche, das Verkehrs-, Gesundheits- und Pflegewesen und häusliche Dienste sind die am stärksten von Sozialdumping betroffenen Branchen.

EU-Abgeordnete fordern Maßnahmen gegen Sozialdumping
Die EU-Abgeordneten haben am 14. September einen Bericht zum Thema Sozialdumping verabschiedet, der von dem französischen EU-Abgeordneten Guillaume Balas (S&D, FR) verfasst worden ist. Laut Bericht umfasst das Konzept des Sozialdumping „eine große Bandbreite vorsätzlich missbräuchlicher Praktiken und die Umgehung geltender europäischer und einzelstaatlicher Rechtsvorschriften […], die durch die unrechtmäßige Minimierung von Personal- und Betriebskosten zur Entwicklung eines unlauteren Wettbewerbs beitragen sowie die Verletzung von Arbeitnehmerrechten und Ausbeutung der Arbeitnehmer bewirken […]“

Der Bericht fordert, gegen Sozialdumping vorzugehen, und zwar durch eine Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen den für die Arbeitsaufsicht zuständigen Stellen der Mitgliedstaaten. Des Weiteren solle eine EU-weite Liste von Unternehmen, einschließlich Briefkastenfirmen, die für schwere Verstöße gegen europäische arbeits- und sozialrechtliche Vorschriften verantwortlich sind, erstellt und eine europäische Sozialversicherungskarte eingeführt werden.

Der Bericht besitzt vor allem in Hinblick auf die geplante Überarbeitung der Entsenderichtlinie große Bedeutung.

Regelungen zum Mindesteinkommen in der EU
Sozialdumping, Arbeitslosigkeit und niedrige Löhne erhöhen das Risiko der Armut und sozialer Ausgrenzung. Während der Plenartagung im September haben sich die EU-Abgeordneten auch mit Regelungen zum Mindesteinkommen in der EU befasst. Der Vorsitzende des Beschäftigungsausschusses, Thomas Händel (GUE/NGL) aus Deutschland betonte in der Debatte: „[…] Regelungen zum Mindestlohn können als zentrale Instrumente dienen, wenn es um die Wahrung der sozialen Sicherung und mehr Chancengleichheit geht.“ Das Europäische Parlament habe betont, „dass ein angemessenes Mindesteinkommen bei mindestens 60 Prozent des Durchschnittslohns des jeweiligen Mitgliedslandes liegen soll. So könnten die grundlegenden Lebenshaltungskosten gedeckt und gleichzeitig die Gesamtnachfrage, die wirtschaftliche Erholung und die soziale Konvergenz auf hohem Niveau gestützt werden.“

Für ein ausgewogenes Verhältnis von Berufs- und Privatleben
Eine ausgewogene Balance zwischen den Anforderungen von Beruf und Familie zu finden, ist eine große Herausforderung, insbesondere für Frauen mit Kindern und für Personen, die ältere Familienangehörige pflegen.

Die EU-Abgeordneten haben am 13. September einen Bericht der litauischen EU-Abgeordneten Vilija Blinkevičiūtė (S&D) und der lettischen EU-Abgeordneten Tatjana Ždanoka (Grüne/EFA) gebilligt. Tatjana Ždanoka betont: „[…] das Leben besteht nicht nur aus Arbeit, sondern es muss auch Platz geben für das Familien- und Privatleben.“

Der Bericht fordert Maßnahmen auf nationaler Ebene und auf EU-Ebene zur Schaffung von Arbeitsmarktbedingungen, die ein ausgewogenes Verhältnis von Berufs- und Privatleben fördern. In diesem Sinne sollte die Gesetzgebung für Mutterschaftsurlaub und Elternurlaub verbessert und den Arbeitnehmern flexible Arbeitsregelungen geboten werden, so der Bericht. Zudem sei das Angebot von hochwertigen und erschwinglichen Kinderbetreuungseinrichtungen sehr wichtig.

„Die Väter sollten stärker in die Familienpflichten eingebunden werden, um die Geschlechtergleichstellung zu fördern“, sagt Vilija Blinkevičiūtė.

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