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Bekämpfung des Menschenhandels in den Außenbeziehungen der EU: Interview mit Barbara Lochbihler

Menschenhandel ist eine moderne Form der Sklaverei, ein schwerwiegendes, äußerst lukratives internationales Verbrechen und einer der schlimmsten Menschenrechtsverstöße, so eine vom Plenum in der vergangenen Woche verabschiedete Entschließung. Wir haben die Berichterstatterin Barbara Lochbihler (Grüne/EFA) aus Deutschland interviewt. Sie betont, es seien mehr Anstrengungen gegen Zwangsarbeit und mehr Maßnahmen gegen Geldwäsche nötig, zudem müsse mehr zum Schutz der Opfer getan werden.

Das Parlament setzt sich mit dem Thema Menschenhandel sehr intensiv auseinander. Im Mai wurde die Umsetzung der gegenwärtigen EU-Gesetzgebung zur Bekämpfung des Menschenhandels beurteilt. Nun wurde Ihr Bericht verabschiedet, der Empfehlungen enthält, wie der Menschenhandel in den Außenbeziehungen der EU bekämpft werden solle.
Die EU führt eine komplette Überprüfung ihrer Strategie zur Beseitigung des Menschenhandels durch. Es ist also der richtige Zeitpunkt, um der Situation in den EU-Außenbeziehungen mehr Aufmerksamkeit zu widmen.

Welche Maßnahmen können das Europäische Parlament und die EU in ihren Außenbeziehungen setzen, um gegen Menschenhandel vorzugehen?
Es gibt in der Europäischen Union Unternehmen, die von Sklavenarbeit in anderen Ländern profitiert haben. Der Menschenhandel ist eines der profitabelsten Geschäfte. Europa muss fragen, wohin das Geld geht.

Obwohl die Mehrheit aller Länder weltweit Gesetze hat, die den Menschenhandel verbieten, werden diese Gesetze nicht entsprechend umgesetzt oder sind sehr oberflächlich. Die EU hat in ihrer Handelspolitik ein gutes Instrument, um mehr Engagement von Drittstaaten zu fordern. Wenn die Menschenrechtsbestimmungen der EU in den Handelsverhandlungen ernst genommen werden, so können wir, wie wir es im Falle Thailands gemacht haben, sagen: „Ihr müsst die Situation verbessern, sonst ist es nicht möglich, unsere Handelsverhandlungen fortzusetzen.“

Menschenhandel ist ein lukratives Geschäft. Könnte eine Politik, die die „Geldströme verfolgt“, dabei helfen, mehr Fälle von Menschenhandel aufzudecken? Derzeit ist die Anzahl der festgestellten Fälle sehr niedrig.
In der Tat. Wenn wir die Geldströme verfolgen, können wir herausfinden, wer hinter dem Menschenhandel steckt. Es gibt natürlich Einzeltäter, doch der Großteil der Täter sind Netzwerke der organisierten Kriminalität. Aber dafür müssen wir auch die Kapazitäten von Europol und den Mitgliedstaaten erhöhen und sicherstellen, dass sie Koordinierung und Informationsaustausch verbessern.

Welche zusätzliche Herausforderung ergibt sich durch die Migrationskrise?
Es ist wichtig, dass die Mitarbeiter von Frontex oder anderer Grenzschutzbehörden Schulungen erhalten, damit sie die Opfer von Menschenhandel besser erkennen. Wir müssen hier ganz klar unterscheiden: Menschenschmuggel ist nicht gleich Menschenhandel.

Was kann die EU sonst noch tun, um den Opfern von Menschenhandel zu helfen?
Vor allem müssen wir die Prävention verbessern und die Sensibilisierung für das Thema erhöhen, sodass Menschen nicht zu Opfern werden. Außerdem müssen wir sicherstellen, dass die Opfer von Menschenhandel angemessenen rechtlichen Schutz erhalten und ihnen nicht die Gefahr droht, zurückgeschickt zu werden. Auf diese Weise können sie vor Gericht gegen die Menschenhändler aussagen. Derzeit gibt es nur sehr wenige Fälle, in denen die Opfer vor Gericht gehen, da wir sie nicht ausreichend schützen.

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