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Sechs Grundsätze für den weiteren Ausbau der Zusammenarbeit zwischen der EU und der Türkei bei der Bewältigung der Migrationskrise

Sechs Grundsätze für den weiteren Ausbau der Zusammenarbeit zwischen der EU und der Türkei bei der Bewältigung der Migrationskrise

Am 7. März stellten die Staats- und Regierungschefs der EU einvernehmlich fest, dass ein entschlossenes Vorgehen notwendig ist, um die Schleuserrouten zu schließen, das Geschäftsmodell der Schmuggler zu zerschlagen, die EU-Außengrenzen zu schützen und der Migrationskrise in Europa ein Ende zu bereiten. In diesem Zusammenhang begrüßten die Staats- und Regierungschefs ausdrücklich die zusätzlichen Vorschläge der Türkei und vereinbarten, auf Grundlage von sechs Grundsätzen mit der Türkei zusammenzuarbeiten. Der Präsident des Europäischen Rates wurde beauftragt, diese Vorschläge weiter voranzubringen und vor der Tagung des Europäischen Rates am 18. und 19. März die Einzelheiten mit der türkischen Seite auszuarbeiten.

Der Erste Vizepräsident, Frans Timmermans, erklärte dazu: „Niemand, der den Grundsätzen des Anstands, der Menschlichkeit und der Solidarität treu bleiben will, kann sich mit einer Situation zufrieden geben, in der Menschen ihr Leben aufs Spiel setzen, um nach Europa zu gelangen, und sich Schleusern anvertrauen, die das menschliche Elend schamlos ausnutzen. Wir müssen dem endlich ein Ende bereiten. Mit den von den Staats- und Regierungschefs der EU und der Türkei erörterten Vorschlägen, als vorübergehende besondere Maßnahme so bald wie möglich mit der Rückführung aller neu aus der Türkei in Griechenland ankommenden irregulären Migranten und Asylbewerber zu beginnen und gleichzeitig Syrer aus der Türkei in der EU neu anzusiedeln, können wir das Geschäftsmodell der Schleuser ein für allemal zerschlagen. Dies wird und kann jedoch nur innerhalb des durch das Völkerrecht und das EU-Recht vorgegebenen Rahmens geschehen. Konkret bedeutet dies, dass jede Person, die um internationalen Schutz ersucht, als Einzelfall behandelt werden muss und das Recht hat, einen Rechtsbehelf einzulegen. Zudem muss garantiert sein, dass der Grundsatz der Nicht-Zurückweisung eingehalten wird.

Mit der heute vorgelegten Mitteilung leistet die Europäische Kommission ihren Beitrag zur Tagung des Europäischen Rates. Sie erläutert darin, wie die sechs Grundsätze weiter vorangebracht werden sollen, damit das Potenzial der Zusammenarbeit zwischen der EU und der Türkei unter Achtung des Europa- und des Völkerrechts voll ausgeschöpft werden kann.

1. Rechtsgarantien bei der Rückführung aller neuen irregulären Migranten und Asylbewerber, die von der Türkei aus auf den griechischen Inseln ankommen

Die Rückführung aller irregulären Migranten und Asylbewerber, deren Asylanträge für unzulässig erklärt oder abgelehnt wurden, ist ein wesentliches Element der Bemühungen, das bisherige Muster, nach dem Migranten Schleuser bezahlen und ihr Leben riskieren, zu durchbrechen, und kann nur unter Achtung des Europa- und des Völkerrechts erfolgen. Die Regelungen für eine solche Rückführung – unabhängig davon, ob die betreffenden Personen internationalen Schutz benötigen oder nicht – sollten nur als eine vorübergehende außerordentliche Maßnahme betrachtet werden, mit der das menschliche Leid beendet werden soll, das aus dem derzeitigen massiven Zustrom von Migranten aus der Türkei nach Griechenland resultiert.

Alle Rückführungen müssen im Einklang mit den im Europa- und im Völkerrecht verankerten Bestimmungen über den Schutz von Flüchtlingen erfolgen. Dies erfordert eine Einzelfallprüfung jedes Asylantrags, bei der die eindeutigen rechtlichen und verfahrenstechnischen Vorgaben der EU-Asylverfahrensrichtlinie eingehalten werden. Eine „pauschale“ Rückführungspolitik ist ausgeschlossen, da sie den rechtlichen Anforderungen sowie den Grundrechten von Asylbewerbern widersprechen würde.

Rückübernahme von Personen, die keinen internationalen Schutz benötigen: Alle neuen irregulär nach Griechenland eingereisten Migranten und Asylbewerber, bei denen festgestellt wurde, dass sie keinen internationalen Schutz benötigen, werden auf der Grundlage desbilateralen Rückübernahmeabkommens zwischen Griechenland und der Türkei rückgeführt.

Rückführung von Personen, die internationalen Schutz benötigen: Nach EU-Recht (Artikel 35 und 38 der Asylverfahrensrichtlinie) kann ein Asylverfahren eingestellt und der Antrag für unzulässig erklärt werden, wenn eine Person bereits als Flüchtling anerkannt wurde oder bereits ausreichenden Schutz in einem „ersten Asylstaat“ genießt oder wenn eine Person aus einem „sicheren Drittstaat“, der effektiven Zugang zum Schutz leisten kann, in die EU kommt. Die Rechte von Asylbewerbern werden durch eine Reihe von Schutzbestimmungen gewahrt. Dazu gehören die Einzelfallprüfung, persönliche Anhörungen und die Möglichkeit des Rechtsbehelfs gegen die Entscheidung, einen Antrag als unzulässig abzulehnen.

Praktische Aspekte: Zur Anwendung dieser Bestimmungen wären sowohl in Griechenland als auch in der Türkei Änderungen des nationalen Rechts erforderlich. In diesem Rahmen müsste Griechenland gewährleisten, dass die Türkei als sicherer Drittstaat eingestuft wird, und die Türkei müsste sicherstellen, dass alle Personen, die internationalen Schutz benötigen, Zugang zu wirksamen Asylverfahren erhalten. Griechenland und die Türkei müssten Eilverfahren einführen, einschließlich der Erhöhung der Aufnahmekapazitäten auf den griechischen Inseln und einer Anpassung der Hotspots, damit dort Rückübernahme- und Asylbüros untergebracht werden können.

2. 1:1-Neuansiedlung

Für jeden syrischen Staatsangehörigen, der von den griechischen Inseln rückübernommen wurde, wird ein anderer Syrer direkt aus der Türkei in der EU neu angesiedelt. Damit dies funktionieren kann, sollten die Mitgliedstaaten eine ausreichende Anzahl von Neuansiedlungsplätzen zur Verfügung stellen. Zu den für diesen Zweck bereits eingegangenen Verpflichtungen gehört die Bereitstellung von 18 000 verbleibenden Plätzen im Rahmen der im Juli 2015 vereinbarten EU-Neuansiedlungsregelung für 22 504 Plätze. Bei Bedarf sollte in Betracht gezogen werden, die 54 000 nicht zugewiesenen Plätze der bereits gefassten Umsiedlungsbeschlüsse zu nutzen.

Der logistische Rahmen der Vereinbarung mit der Türkei über die freiwillige Aufnahme syrischer Flüchtlinge aus humanitären Gründen sollte für die Zwecke der 1:1-Neuansiedlung genutzt werden – insbesondere was den Rückgriff auf die Fachkompetenz des UNHCR und die Unterstützung durch das Europäische Unterstützungsbüro für Asylfragen (EASO), die Internationale Organisation für Migration (IOM) und gegebenenfalls zusätzliche nationale Asylrechtsbeamte anbelangt. Sobald die 1:1-Neuansiedlungsregelung ihren Zweck – die Eindämmung der Migrationsströme – erfüllt hat, soll die Aufnahme wieder über die Regelung über die freiwillige Aufnahme erfolgen, zu der die Mitgliedstaaten auf freiwilliger Basis Beiträge leisten.

3. Beschleunigung des Fahrplans für die Visaliberalisierung

Die Arbeiten an dem Fahrplan für die Visaliberalisierung mit der Türkei sollen beschleunigt werden – dabei bleiben die 72 Benchmarks, die die Türkei erfüllen muss, unverändert (35 wurden bereits erfüllt). Wenn das Ziel der Aufhebung der Visumpflicht bis Ende Juni erreicht werden soll, muss die Türkei zeitnah die noch ausstehenden Maßnahmen verabschieden. Unter der Voraussetzung, dass die Türkei die erforderlichen Maßnahmen ergreift, um die verbleibenden Anforderungen zu erfüllen, wird die Kommission Ende April 2016 einen Legislativvorschlag für die Aufhebung der Visumpflicht für türkische Staatsangehörige vorlegen.

4. Beschleunigte Auszahlung der Mittel aus der Fazilität für Flüchtlinge in der Türkei

Die ersten Projekte, die aus der Fazilität für Flüchtlinge in der Türkei mit 55 Mio. EUR finanziert werden, sind darauf ausgerichtet, den unmittelbaren Bedarf syrischer Schulkinder in der Türkei zu decken, damit sie Zugang zur formalen Bildung erhalten; 40 Mio. EUR sind für humanitäre Hilfe bestimmt, die das Welternährungsprogramm erbringt. Die nächsten Schritte zur Finanzierung weiterer Projekte bedürfen der aktiven Mitwirkung der türkischen Behörden bei der Fertigstellung der Bedarfsanalyse bis Mitte April.

5. Beschleunigung der Beitrittsverhandlungen

Die Kommission und die Mitgliedstaaten sind damit befasst, die Beitrittsverhandlungen mit der Türkei voranzubringen. So sind Vorbereitungen im Gange, um Fortschritte im Hinblick auf die Eröffnung von fünf weiteren Kapiteln zu erzielen: Die Kommission beabsichtigt, alle damit zusammenhängenden Vorbereitungsdokumente im Frühjahr abzuschließen, damit diese dem Rat vorgelegt werden können. Dies greift nicht den Standpunkten der Mitgliedstaaten vorweg und lässt den Verhandlungsrahmen unberührt.

6. Verbesserung der humanitären Lage in Syrien

Wie der Europäische Rat bereits festgehalten hat, ist die EU bereit, mit der Türkei zur Verbesserung der humanitären Bedingungen in Syrien zusammenzuarbeiten, damit die Flüchtlinge in sichereren Zonen leben können. Von ausschlaggebender Bedeutung für den Erfolg ist, dass dieZusagen, die von der Internationalen Unterstützungsgruppe für Syrien (ISSG) am 11. und 12. Februar in München abgegeben wurden, von allen Parteien rasch und in vollem Umfang umgesetzt werden.

Hintergrund

Am 15. Oktober hat die Kommission mit der Türkei eine Vereinbarung ad referenda über einen Gemeinsamen Aktionsplan erreicht, mit dem die Zusammenarbeit beider Seiten bei der Migrationssteuerung in abgestimmter Weise verstärkt werden soll, damit die Flüchtlingskrise bewältigt werden kann. Der Gemeinsame Aktionsplan wurde auf dem EU-Türkei-Gipfel vom 29. November 2015 aktiviert.

Der Aktionsplan sieht eine Reihe gemeinsamer Maßnahmen vor, die mit hoher Dringlichkeit von der Europäischen Union und der Republik Türkei durchgeführt werden müssen, um die gemeinsamen Herausforderungen in abgestimmter Weise zu bewältigen und die türkischen Bemühungen zur Versorgung der vielen schutzbedürftigen Menschen in der Türkei zu ergänzen. Die Europäische Union – Institutionen und Mitgliedstaaten – hat sich auch zu einem stärkeren politischen Engagement gegenüber der Türkei verpflichtet und wird der Türkei umfangreiche Finanzmittel zur Verfügung stellen, die Durchführung des Fahrplans für die Visaliberalisierung beschleunigen und den Beitrittsprozess der Türkei neu beleben.

Im Anschluss an ihre Tagung mit Ministerpräsident Davutoğlu begrüßten die Staats- und Regierungschefs der EU am 7. März 2016 die von der Türkei vorgelegten zusätzlichen Vorschläge zur Bewältigung der Migrationsproblematik.

über red

Siehe auch

Presseerklärung von Präsidentin von der Leyen zum mehrjährigen Finanzrahmen und dem Aufbauinstrument

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