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Lage der syrischen Flüchtlinge: EU-Abgeordnete reisten in die Türkei

Gülhan studierte Physik an der Tischrin-Universität in Latakia, als der Bürgerkrieg in Syrien ausbrach. Die 32-Jährige hat die vergangenen 4 Jahre im Flüchtlingslager im türkischen Osmaniye verbracht. Dieses Leben ist für sie und ihre Kinder zum Alltag geworden. Die Syrien-Krise hat sich zur größten humanitären Katastrophe seit dem Zweiten Weltkrieg entwickelt. Vergangene Woche reisten zwei Delegationen unter der Leitung von Sylvie Guillaume (S&D, FR) und Jean Arthuis (ALDE, FR) in die Türkei.

Gülhan ist Syrerin türkischer Herkunft. Ihre Geschichte beschreibt eines von zahlreichen Schicksalen, mit denen die EU-Abgeordneten auf ihrer Delegationsreise konfrontiert wurden. Eine Delegation des Innenausschusses und eine Delegation des Haushaltausschusses des EU-Parlaments hielten sich vom 8. bis 11. Februar in der Türkei auf. Die Reise umfasste unter anderem den Besuch von Flüchtlingslagern.

Bereits rund fünf Jahre dauert der Bürgerkrieg in Syrien. Über 250 000 Syrer haben ihr Leben verloren. Über 11 Millionen Menschen mussten fliehen. Eine von ihnen ist Gülhan.

Die Türkei beherbergt bereits über 2,5 Millionen syrische Flüchtlinge. Dazu kommt, dass in den vergangenen Tagen zehntausende Syrer Aleppo verlassen mussten. Sie harren nun an der türkischen Grenze aus. Am 3. Februar einigten sich die EU-Mitgliedstaaten darauf, drei Milliarden Euro bereitzustellen, um die Türkei in dieser Situation zu unterstützen.

Delegation des Innenausschusses

Sieben EU-Abgeordnete des Innenausschusses haben in der vergangenen Woche türkische Flüchtlingslager besucht. Die Leitung der Delegation übernahm die französische EU-Abgeordnete und Vizepräsidentin des EU-Parlaments, Sylvie Guillaume (S&D). Am 9. Februar besuchte die Delegation das Lager in Nizip, das 45 Kilometer von der Grenze zu Syrien entfernt rund 15 000 Syrer beherbergt. Die Botschaft des EU-Parlaments sei, so Guillaume, „eine Botschaft des Verständnisses und der Anerkennung für die Leistungen der türkischen Behörden und der lokalen Gemeinden.“

Die EU-Abgeordneten hoben die Bemühungen der Türkei hervor, Unterkünfte, Nahrung, Gesundheitsversorgung und Bildung in den Flüchtlingslagern bereitzustellen. Sie verwiesen jedoch auf die Tatsache, dass nur rund 10 Prozent der syrischen Flüchtlinge in der Türkei in Flüchtlingslagern lebten.

Nach dem Besuch in Nizip trafen die Abgeordneten Familien, die im Rahmen einer Initiative des Welternährungsprogramms elektronische Nahrungsmittelgutscheine erhalten. Die Delegation besuchte dafür die Stadt Gaziantep. Sylvie Guillaume sagte: „Es gibt einen klaren Unterschied zwischen den Verhältnissen, in denen Flüchtlinge in den Container-Camps leben und den Verhältnissen, mit denen Flüchtlinge außerhalb der Flüchtlingslager konfrontiert sind. Die Menschen außerhalb der Flüchtlingslager befinden sich in einer sehr prekären Lage und benötigen rasch Hilfe, vor allem was ihre Bildungs- und Beschäftigungsmöglichkeiten anbelangt.“ Schätzungen zufolge sind über 50 Prozent der syrischen Flüchtlinge Kinder. Nur 14 Prozent aller Kinder im Grundschulalter, die außerhalb der Flüchtlingslager leben, können eine Schule besuchen.

Die Türkei ist weltweit das Land mit der größten Flüchtlingsbevölkerung. Um ein vollständiges Bild der Lage zu erhalten, trafen die EU-Abgeordneten des Innenausschusses auch Vertreter der türkischen Behörden und des UN-Flüchtlingshilfswerks in Ankara. Die Delegation besuchte auch ein Registrierungszentrum für Flüchtlinge aus über 80 Ländern.

Delegation des Haushaltsausschusses

Eine Delegation von elf EU-Abgeordneten des Haushaltsausschusses reiste in der vergangenen Woche ebenfalls in die Türkei, um vor Ort die Verwendung von EU-Mitteln zu beurteilen. Nachdem die Abgeordneten am 10. Februar eine syrische Familie im Flüchtlingslager in Osmaniye getroffen hatten, sagte der EU-Abgeordnete und Vorsitzende des Haushaltsausschusses, Jean Arthuis (ALDE) aus Frankreich, der auch die Delegation leitete: „Ich kann ihre Ungeduld verspüren, wieder nach Hause zurückkehren zu können. Unsere Priorität muss sein, den Frieden im Nahen Osten wiederherzustellen. Nur Frieden kann dieses Problem lösen.“

In Bezug auf die Flüchtlingsfazilität für die Türkei, mit einem Volumen von 3 Milliarden Euro, sagte Arthuis, es sei dringend notwendig, die Mittel unverzüglich bereitzustellen. „Wir benötigen auf türkischer Seite Transparenz und Klarheit. Es handelt sich um eine echte Notsituation. Vertrauen ist notwendig, um rasch handeln zu können.“

Im Flüchtlingslager in Osmaniye hatten die EU-Abgeordneten die Gelegenheit, einen Supermarkt und eine Bibliothek, die von der EU finanziert werden, zu besichtigen. Die Delegation des Haushaltsausschusses traf des Weiteren Vertreter des UN-Flüchtlingshilfswerks, des Welternährungsprogramms und der UNICEF sowie Beamte der türkischen Regierung.

Syrien-Krise: Maßnahmen der EU

Die EU ist der größte Geber in Bezug auf die Syrien-Krise. Die Europäische Union und die Mitgliedstaaten haben über 5 Milliarden Euro für humanitäre Hilfe, Entwicklungshilfe und wirtschaftliche Unterstützung zur Verfügung gestellt. Die EU-Abgeordneten debattierten am 2. Februar in Straßburg über den neuen EU-Fonds in der Höhe von 3 Milliarden Euro. Dieser soll ermöglichen, zusätzliche humanitäre Hilfe für die Flüchtlinge in der Türkei und die Aufnahmegemeinschaften zu leisten.

Neben der Aufnahme von Flüchtlingen ist die Türkei in den vergangenen Jahren zu einer wichtigen Transitroute geworden. Mehr als eine Million Menschen sind im Jahr 2015 über das Mittelmeer nach Europa geflohen; 49 Prozent waren Syrer. Der Großteil der Flüchtlinge kam über die Türkei. Über 500 000 Menschen landeten auf der griechischen Insel Lesbos.

Der Flüchtlingszustrom hält an. Nach den neuesten Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerks haben über 80 000 Flüchtlinge und Migranten in den ersten sechs Wochen dieses Jahres Europa per Boot erreicht. Diese Zahl ist höher als die Zahl der Personen, die innerhalb der ersten vier Monate des Jahres 2015 nach Europa kamen. Dieses Jahr sind bereits mehr als 400 Menschen bei der gefährlichen Überfahrt nach Europa ums Leben gekommen.

über helmut

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