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Kommission schlägt modernes Vertragsrecht für Online-Wirtschaft vor — Einfacherer Zugang zu digitalen Inhalten und Förderung des Online-Handels in der EU

Die Kommission lässt ihrer Strategie für den Digitalen Binnenmarkt konkrete Schritte folgen und stellt heute zwei Vorschläge vor, mit denen Verbraucher bei Online-Käufen besser geschützt und den Unternehmen der Verkauf über das Internet leichter gemacht werden sollen.

Eines der zentralen Anliegen der Strategie für den Digitalen Binnenmarkt ist der bessere europaweite Zugang von Verbrauchern und Unternehmen zu Waren und Dienstleistungen über das Internet. Der Online-Handel nimmt zu, bleibt aber hinter seinem Potenzial zurück: Nur 12 % der Händler in der EU verkaufen online an Kunden in anderen EU-Ländern, während immerhin 37 % von ihnen, also dreimal so viele, das Internet im eigenen Land als Absatzkanal nutzen. Das gleiche Bild zeigt sich auf Seiten der Verbraucher: Auch hier bestellen nahezu dreimal so viele (nämlich 44 %) Waren oder Dienstleistungen über das Internet im Inland wie im Ausland (15 %).

Die Kommission hat heute zwei Vorschläge angenommen: einen Vorschlag über die Bereitstellung digitaler Inhalte (z.B. Musikdateien im Streaming) und einen über den Online-Handel mit Waren (z. B. Kleidung). Beide Vorschläge werden die wichtigsten Hindernisse für den grenzübergreifenden Online-Handel in der EU angehen: die Fragmentierung auf dem Gebiet des Verbrauchervertragsrechts mit entsprechend hohen Kosten für – insbesondere mittelständische – Unternehmen und das niedrige Vertrauen der Verbraucher in Online-Käufe im Ausland.

Andrus Ansip, Vizepräsident für den digitalen Binnenmarkt, erklärte dazu: „Wenn Sie einen Film oder eine Musikdatei herunterladen, möchten Sie, dass diese Datei auch abgespielt werden kann. Ist das nicht der Fall, sollten Sie den Vertrag kündigen und Ihr Geld zurückbekommen können. Die heutigen Vorschläge werden die Verbraucherrechte im Online-Handel stärken und es Ihnen ermöglichen, vertrauensvoll Produkte und Dienstleistungen aus anderen Mitgliedstaaten zu kaufen. Unternehmen und insbesondere die kleinsten unter ihnen werden ihr Geschäft zu geringeren Kosten über Staatsgrenzen hinweg ausbauen können, weil es gemeinsame EU-Regeln geben wird anstatt eines Flickenteppichs unterschiedlicher nationaler Gesetze. Der digitale Binnenmarkt kommt – mit positiven Folgen für den Alltag der Menschen, in dem das digitale Umfeld schon jetzt omnipräsent ist.“

Wie Věra Jourová,Kommissarin für Justiz, Verbraucher und Gleichstellung, ausführte, „werden unsere heutigen Vorschläge dazu führen, dass die Verbraucher einem Online-Einkauf im Ausland offener gegenüber stehen werden und für Unternehmen und vor allem KMU der europaweite Verkauf über das Internet einfacher wird. Das Internet hat technologische Hindernisse für den digitalen Binnenmarkt beseitigt; mit unseren Vorschlägen über Verträge im Online-Handel wollen wir rechtliche Hindernisse beseitigen. Eine EU-weite Harmonisierung des Vertragsrechts wird das Online-Angebot von Waren und Dienstleistungen in ganz Europa verbessern. Die Verbraucher werden in den Genuss einfacher und modernerer Vorschriften kommen. Die Unternehmen profitieren von mehr Rechtssicherheit und einer Senkung von Kosten und Hindernissen für eine geschäftliche Expansion. Das wiederum wird sich für die Verbraucher in einer größeren Auswahl und wettbewerbsfähigeren Preisen niederschlagen.“ 

Die Beseitigung der mit unterschiedlichen Vertragsrechtsvorschriften verbundenen Hemmnisse würde der gesamten europäischen Wirtschaft zugute kommen. Mehr als 122 000 Unternehmen würden bald mit dem Verkauf an Verbraucher in anderen Mitgliedstaaten beginnen, und die Zahl der Verbraucher, die Online-Käufe im EU-Ausland tätigen, könnte auf bis zu 70 Millionen anwachsen. Das wird insbesondere mittelständischen Unternehmen neue Märkte erschließen, den Wettbewerb beleben und zum Wirtschaftswachstum beitragen. Niedrigere Verbraucherpreise könnten den Verbrauch in der EU um 18 Mrd. EUR ansteigen lassen, und das BIP der EU könnte um 4 Mrd. EUR zulegen.

Die Verbraucher werden von einem besseren Verbraucherschutz, einer größeren Auswahl und wettbewerbsfähigeren Preisen profitieren:

  • Umkehr der Beweislast: Heute kann beispielsweise ein italienischer Verbraucher, der ein Produkt vor mehr als sechs Monaten online im Ausland erworben hat, feststellt, dass es einen Defekt aufweist, und den Hersteller um Reparatur oder Ersatz ersucht, aufgefordert werden, nachzuweisen, dass der Defekt bereits zum Zeitpunkt der Lieferung vorlag. Nach den neuen Vorschriften könnte der Verbraucher innerhalb der gesamten zweijährigen Gewährleistungsfrist um Abhilfe ersuchen, ohne nachweisen zu müssen, dass der Defekt bereits zum Zeitpunkt der Lieferung vorlag.
  • Klare und spezifische Rechte für digitale Inhalte: Heute erhält ein Verbraucher, der ein Spiel herunterlädt, das anschließend nicht einwandfrei funktioniert, als Ausgleich möglicherweise nur einen Rabatt für künftige Spielekäufe. Wenn die vorgeschlagene Richtlinie Geltungskraft erlangt, kann er auf der Behebung solcher Mängel bestehen und andernfalls einen Rabatt für das Produkt oder seine Rücknahme bei voller Erstattung des Kaufpreises erwirken.

Unternehmen werden digitale Inhalte und Waren online in der gesamten EU nach einheitlichen Vertragsregeln verkaufen können:

  • Rechtssicherheit und unternehmensfreundliche Rahmenbedingungen: Heute müssen Unternehmen Zeit und Geld dafür aufwenden, die Bestimmungen von Kaufverträgen an die Vorschriften des Mitgliedstaates anzupassen, in den sie verkaufen. Nach den vorgeschlagenen neuen Regeln werden sie nicht länger mit unterschiedlichen Rechtsvorschriften zu kämpfen haben, sondern digitale Inhalte und Waren online in der gesamten EU nach einem einheitlichen Kernbestand von Vertragsregeln verkaufen können.
  • Kostenersparnisse für die Unternehmen: Derzeit kostet es jedes Unternehmen einmalig 9000 EUR, um vertragliche Bestimmungen an das innerstaatliche Vertragsrecht eines anderen Mitgliedstaates anzupassen. Dank der neuen EU-weiten Regeln könnte sich die Ersparnis auf bis zu 243 000 EUR belaufen, wenn ein Unternehmen in alle übrigen Mitgliedstaaten verkaufen wollte.

Hintergrund

  • Die heute vorgeschlagenen Bestimmungen für das Urheber- und Vertragsrecht im digitalen Umfeld (Pressemitteilung) sind die ersten Legislativvorschläge, die im Zuge der Strategie für den digitalen Binnenmarkt unterbreitet werden. Insgesamt stehen bis zum Ende des nächsten Jahres 16 Initiativen auf der Tagesordnung.
  • Das Potenzial des elektronischen Handels ist in der EU noch nicht voll ausgeschöpft. Sein Anteil an der gesamten Handelstätigkeit in der EU betrug 2014 7,2 %, wohingegen er in den USA 11,6 % erreichte.
  • Im EU-Recht besteht eindeutig eine Lücke, was mangelhafte digitale Inhalte anbelangt. Die meisten Mitgliedstaaten verfügen über keine einschlägigen Vorschriften. Darüber hinaus ist das Verbraucherschutzrecht in manchen Bereichen zwar EU-weit harmonisiert, aber das einzelstaatliche Recht über Verbraucherverträge weist noch Unterschiede auf. Diese Unterschiede schaffen zusätzliche Kosten für die Wirtschaft und führen zu Vorbehalten gegenüber einem Einkauf im EU-Ausland auf Seiten der Verbraucher. Insbesondere was die Verbraucherrechte bei mangelhaften Produkten anbelangt, weist das Verbrauchervertragsrecht in den 28 Mitgliedstaaten in einigen Bereichen noch Unterschiede auf, weil bislang nur minimale EU-Anforderungen gelten.

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