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Vor dem NATO-Gipfel: Interview mit Urmas Paet

Am Freitag (8.7.) begann der NATO-Gipfel in Warschau, auf dem EU und NATO eine gemeinsame Erklärung über den Ausbau der praktischen Zusammenarbeit in ausgewählten Bereichen unterzeichnen werden. Dass Europa mehr für seine Verteidigung tun müsse, wird auch in der neuen „Globalen Strategie der EU“ anerkannt. Ist es Zeit für eine intensivere Sicherheits- und Verteidigungszusammenarbeit? Wir haben Urmas Paet (ALDE, EE), Berichterstatter eines Berichts über die Europäische Verteidigungsunion, interviewt.

Sie bereiten einen Bericht über die Europäische Verteidigungsunion vor. Welche Forderungen wird dieser Bericht umfassen? Denken Sie, dass im Kontext des Brexit-Votums die Zeit reif ist für eine Europäische Verteidigungsunion?
Kurz gesagt: Ja. Wir brauchen in der Europäischen Union eine intensivere und zielgerichtetere Zusammenarbeit bei Sicherheit und Verteidigung. Es ist hierfür sogar bereits ein bisschen spät. Wir müssen uns nur vergegenwärtigen, was in unserer unmittelbaren Nachbarschaft geschieht: Sei es die Instabilität in Nachbarländern, sei es die Terrorgefahr oder leider auch das aggressive Verhalten Russlands in den vergangenen Jahren.

Andererseits, zum Beispiel im Kontext der NATO, sehen wir, dass die Vereinigten Staaten für die europäische Sicherheit große Verantwortung tragen, was meiner Ansicht nach nicht richtig ist. Europa muss für seine eigene Sicherheit viel mehr tun. Das bedeutet Zusammenarbeit, Haushaltsmittel und Verteidigungsbudgets. Aus diesem Grund kommt mein Bericht rechtzeitig. Wir müssen politisch klar Stellung beziehen, wie sich die europäische Verteidigungszusammenarbeit entwickeln soll.

Wie wird das Verhältnis zwischen der künftigen europäischen Verteidigungspolitik und der NATO aussehen? Was erwarten Sie in dieser Hinsicht vom NATO-Gipfel in Warschau?
Erstens denke ich, dass die NATO und die EU aus einer praktischen Perspektive gesehen viel stärker als bisher zusammenarbeiten sollten. Die NATO hat zum Beispiel eine Truppen-Erhöhung in manchen osteuropäischen Ländern beschlossen. Man braucht dafür aber auch Infrastrukturen, um diese Personen unterzubringen. Hier kann die EU Investitionen in die notwendigen Infrastrukturen unterstützen. Das geht dann Hand in Hand mit NATO-Plänen.

Was erwarte ich vom NATO-Gipfel? Erstens erwarte ich, dass die NATO klare Entscheidungen trifft und Engagements eingeht, die alle NATO-Mitgliedstaaten betreffen, sodass das Verteidigungs- und Schutzniveau für alle NATO-Mitgliedstaaten gleich ist, unabhängig von ihrer geographischen Lage. Die EU und die NATO können im Bereich der Cyber-Bedrohungen und der Cyber-Sicherheit eng zusammenarbeiten. Und natürlich könnten stärkere Partnerschaften mit Staaten, die keine NATO-Mitglieder sind, aufgebaut werden.

Die Sicherheitslage in Europa und rund um Europa verschlechtert sich. Beunruhigt Sie das?
Ja, natürlich. Wir alle sehen die Tragödie und humanitäre Katastrophe in Syrien. Wir alle sehen die Instabilität in anderen Nachbarländern Europas, die Aktivitäten des IS in Syrien und im Irak sowie Terroranschläge an vielen anderen Orten. Wir sehen wie instabil die Lage in Libyen immer noch ist. Die Lage in der gesamten südlichen Nachbarschaft Europas ist sehr fragil und turbulent. Dazu kommt das Vorgehen Russlands in Hinblick auf die Ukraine und wir sehen hier leider immer noch keine Veränderungen, sei es in der östlichen Ukraine oder auf der Krim. Das alles bedeutet, dass die EU mehr für die Sicherheit aller Mitgliedstaaten und für unsere Verteidigung tun muss.

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