Startseite / MENSCHEN / Kartellrecht: EU-Kommission prüft Regeln der Internationalen Eislauf-Union zur Sperrung von Sportlern

Kartellrecht: EU-Kommission prüft Regeln der Internationalen Eislauf-Union zur Sperrung von Sportlern

Die Kommission hat heute ein förmliches Kartellverfahren gegen die Internationale Eislauf-Union eröffnet. Gegenstand der Prüfung sind Verbandsregeln, nach denen Eisläufer von Wettbewerben wie den Olympischen Spielen oder den Welt- und Europameisterschaften auf Dauer ausgeschlosssen werden können.

Auslöser der Untersuchung war eine Beschwerde zweier niederländischer Eisschnellläufer, Mark Tuitert und Niels Kerstholt. Die Kommission wird unter anderem prüfen, ob ISU-Regeln durch unverhältnismäßige und ungerechtfertigte Hindernisse für Eislauf-Veranstaltungen von nicht mit der ISU verbundenen Unternehmen Sportler nicht rechtswidrig bei der Ausübung ihres Berufs behindern. Gemäß den Verbandsregeln der ISU können Sportler, die an solchen Veranstaltungen mitwirken, lebenslang gesperrt werden. Dadurch können Anbieter alternativer Sportereignisse am Marktzutritt gehindert oder aus dem Markt gedrängt werden. Sollten sich diese Praktiken bestätigen, könnte es sich um wettbewerbswidrige Vereinbarungen und/oder den Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung und damit um einen Verstoß gegen EU-Wettbewerbsvorschriften handeln.

Die für Wettbewerbspolitik zuständige EU-Kommissarin, Margrethe Vestager, erklärte hierzu: „Für viele von uns ist der Sport eine Leidenschaft – er kann aber auch ein Geschäft sein. Wir respektieren die Rolle internationaler Sport-Dachverbände bei der Festlegung der Spielregeln für ihre Sportart und der Gewährleistung eines sauberen und fairen Sports, insbesondere im Hinblick auf die Gesundheit der Athleten und die Lauterkeit der Wettbewerbe. Bei der Internationalen Eislauf-Union müssen wir jedoch prüfen, ob solche Regeln dazu missbraucht werden, ein Monopol bei der Ausrichtung von Sportereignissen durchzusetzen oder den Wettbewerb in einer anderen Form einzuschränken. Leistungssportler können ihren Beruf nur über eine begrenzte Anzahl von Jahren hinweg auf höchstem Niveau ausüben. Deshalb muss es gute Gründe geben, wenn man sie von der Teilnahme an einer Sportveranstaltung abhält“.

„Die Kommission hat sich für die Einleitung eines Verfahrens entschieden, weil es um konkrete Vorwürfe eines Verstoßes gegen das Wettbewerbsrecht auf internationaler Ebene geht und nicht um allgemeinere Fragen der internen Verbandspolitik oder der Festlegung von Sportregeln.“

Das Verfahren wird ergebnisoffen geführt.

Hintergrund

Bei der internationalen Eislauf-Union (ISU) handelt es sich um den einzigen vom Internationalen Olympischen Komitee (IOC) anerkannten Dachverband für den Eiskunstlauf und den Eisschnelllauf. Seine Mitglieder sind die nationalen Eislauf-Verbände.

Von Sportverbänden aufgestellte Regeln unterliegen dem Wettbewerbsrecht der EU, wenn die Einrichtungen, die diese Regeln aufstellen, oder die von diesen Regeln betroffenen Unternehmen oder Personen eine wirtschaftliche Tätigkeit ausüben. Nach der Rechtsprechung der EU-Gerichte sind Sportregeln mit dem EU-Recht vereinbar, wenn sie ein legitimes Ziel verfolgen und die mit ihnen einher gehenden Beschränkungen in der Natur der Sache liegen und hinsichtlich der angestrebten Ziele verhältnismäßig sind. Eine entsprechende Prüfung kann von nationalen Gerichten oder Wettbewerbsbehörden (insbesondere gegenüber nationalen Verbänden) oder von der Kommission (insbesondere bei über Landesgrenzen hinausgreifenden Praktiken) vorgenommen werden.

Zahlreiche Streitigkeiten in Bezug auf Sportregeln betreffen vor allem organisatorische und rechtliche Fragen im Zusammenhang mit den Beziehungen zwischen den Akteuren in den Sport-Dachverbänden und den ihnen angeschlossenen Strukturen und deren Umfeld. Sie können von nationalen Gerichten eher gelöst werden als auf Ebene der Kommission. Das gleiche gilt für Streitfälle im Zusammenhang mit der Anwendung von Sportregeln auf Einzelpersonen, beispielsweise Sportler, die wegen eines Verstoßes gegen die Dopingregeln oder einer Spielmanipulation belangt werden. Auch diese Fälle sind am besten bei den einschlägigen Verbands- und Schiedsgerichten oder den nationalen Gerichten aufgehoben.

Die Artikel 101 und 102 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) untersagen wettbewerbswidrige Vereinbarungen bzw. die missbräuchliche Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung. Wie diese Bestimmungen umzusetzen sind, ist in der EU‑Kartellverordnung festgelegt, die auch von den Wettbewerbsbehörden der Mitgliedstaaten angewendet werden kann.

Nach Artikel 11 Absatz 6 der Kartellverordnung entfällt mit der Verfahrenseinleitung durch die Kommission die Zuständigkeit der jeweiligen mitgliedstaatlichen Wettbewerbsbehörden für die Anwendung des EU-Wettbewerbsrechts in der Sache. Die Gerichte der Mitgliedstaaten dürfen keine Entscheidungen erlassen, die einem Beschluss zuwiderlaufen, den die Kommission in einem von ihr eingeleiteten Verfahren zu erlassen beabsichtigt.

Die Kommission hat die ISU, die Beschwerdeführer sowie die Wettbewerbsbehörden der Mitgliedstaaten und der Schweiz über die Verfahrenseinleitung in dieser Sache unterrichtet.

Für den Abschluss von Untersuchungen zu wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen gibt es keine zwingende Frist. Die Dauer einer kartellrechtlichen Untersuchung hängt von verschiedenen Faktoren ab, z. B. der Komplexität der Sache, dem Umfang, in dem das betroffene Unternehmen mit der Kommission kooperiert, und der Ausübung der Verteidigungsrechte.

über dubi

Siehe auch

Coronakrise: Plattformen entfernen nach Aufforderung der Kommission Millionen irreführende Werbeanzeigen

Die Europäische Kommission hat sich dazu verpflichtet, die Verbraucherinnen und Verbraucher im Internet zu schützen, …

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.