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Kommission leitet zwei eingehende Prüfverfahren zu Lebensmittelketten-Inspektionsgebühr und Tabakumsatzsteuer in Ungarn ein

Die Europäische Kommission hat zwei getrennte eingehende Prüfverfahren eingeleitet, um festzustellen, ob zwei kürzlich von Ungarn eingeführte Maßnahmen mit stark progressiver Gebührenstruktur mit den EU-Vorschriften für staatliche Beihilfen im Einklang stehen. Bei der ersten Maßnahme handelt es sich um eine Gebühr für die Inspektion der Lebensmittelkette, bei der zweiten um eine Steuer auf den Umsatz mit Tabakwarenherstellung und -handel. Beim derzeitigen Stand des Verfahrens befürchtet die Kommission in beiden Fällen, dass die umsatzabhängige Progression der Abgabensätze Unternehmen mit geringem Umsatz unter Verstoß gegen die EU-Beihilfevorschriften einen selektiven Vorteil gegenüber Wettbewerbern verschafft.

Bis zum Abschluss der Prüfungen hat die Kommission daher Ungarn die Anwendung der progressiven Sätze der Lebensmittelketten-Inspektionsgebühr und der Tabakumsatzsteuer per Anordnung untersagt. Mit der Einleitung der eingehenden Prüfverfahren wird Beteiligten die Möglichkeit gegeben, zu den betreffenden Maßnahmen Stellung zu nehmen. Die Verfahren werden ergebnisoffen geführt.

Änderung der Gebühr für die Inspektion der Lebensmittelkette

Nach dem ungarischen Lebensmittelkettengesetz müssen die an der Lebensmittelkette beteiligten Marktteilnehmer eine sogenannte „Gebühr für die Inspektion der Lebensmittelkette“ entrichten. Aufgrund einer 2014 verabschiedeten Änderung wird die Gebühr bei Geschäften, die „kurzlebige Konsumgüter“ verkaufen, zu stark progressiven Sätzen erhoben. Zu den „kurzlebigen Konsumgütern“ gehören nach dem Gesetz Produkte, die Verbraucher täglich benutzen und die in der Regel innerhalb eines Jahres verbraucht oder ersetzt werden (zum Beispiel Lebensmittel, Kosmetik, Drogerieprodukte oder Haushaltsreiniger).

Nach der Gesetzesänderung von 2014 sind Geschäfte mit geringem Umsatz nun entweder vollständig von der Gebühr für die Inspektion der Lebensmittelkette befreit oder müssen eine erheblich niedrigere Gebühr (0,1 % ihres Umsatzes) zahlen als Geschäfte mit höherem Umsatz (bis zu 6 % ihres Umsatzes). Eine umsatzabhängige Gebühr wirft zwar an sich keine beihilferechtlichen Probleme auf, die Kommission ist jedoch beim derzeitigen Stand des Verfahrens der Auffassung, dass die Progression der Gebührensätze Unternehmen mit geringem Umsatz selektiv begünstigt und ihnen einen unfairen Wettbewerbsvorteil gegenüber anderen verschafft.

Bisher hat Ungarn keine sachlichen Gründe vorgebracht, die eine solche unterschiedliche Behandlung rechtfertigen würden. Da die neuen Vorschriften am 1. Januar 2015 in Kraft getreten sind und die ersten Zahlungen Ende Juli fällig werden, hat die Kommission ferner angeordnet, dass Ungarn die Anwendung der progressiven Sätze aussetzt, bis die Kommission ihre beihilferechtliche Prüfung abgeschlossen hat.

Neue Steuer auf den Umsatz mit Tabakwaren

Ungarn hat 2015 eine neue, als „Gesundheitsbeitrag“ bezeichnete Steuer auf Tabakwaren eingeführt. Die Steuersätze sind stark progressiv: Unternehmen mit geringem Umsatz müssen nur eine Steuer von 0,2 % ihres mit Tabakwarenherstellung und -handel erzielten Umsatzes entrichten. Dagegen unterliegen Unternehmen mit höherem Umsatz einem Satz von bis zu 4,5 % ihres Umsatzes.

Die Kommission hat sich mit dieser Frage befasst, weil bei ihr eine Beschwerde eingegangen war. Die Kommission begrüßt Maßnahmen der Mitgliedstaaten zur Verringerung des Tabakkonsums. Sie bezweifelt jedoch, dass die Auswirkungen von Tabakwaren auf die öffentliche Gesundheit mit dem Umsatz der sie verkaufenden Unternehmen progressiv steigen. Wegen der progressiven Sätze zahlen Unternehmen mit geringem Umsatz eine erheblich niedrigere Steuer als Unternehmen mit hohem Umsatz. Bisher hat Ungarn keine sachlichen Gründe vorgebracht, die eine unterschiedliche Behandlung von Unternehmen mit unterschiedlichem Umsatz rechtfertigen würden.

Zudem ermöglichen es die Rechtsvorschriften den Unternehmen, den aufgrund dieser Steuer geschuldeten Betrag zu verringern, wenn sie bestimmte Investitionen in materielle Vermögenswerte vornehmen. Die Kommission befürchtet, dass diesen Unternehmen dadurch ein selektiver Vorteil verschafft werden könnte. Ungarn hat bisher nicht nachgewiesen, dass die Steuerermäßigungen mit dem Binnenmarkt vereinbar sind.

Hintergrund

Nach EU-Recht ist es Sache der Mitgliedstaaten, über ihre Steuersysteme zu entscheiden. Die Mitgliedstaaten müssen jedoch sicherstellen, dass ihre Steuersysteme mit den EU-Vorschriften für staatliche Beihilfen im Einklang stehen (indem sie nicht bestimmten Unternehmen selektive Vorteile verschaffen) und mit den EU-Binnenmarktvorschriften vereinbar sind (z. B. indem sie die Niederlassungsfreiheit, den freien Waren-, Dienstleistungs- und Kapitalverkehr und die Gleichbehandlung von heimischen Produkten und Produkten aus anderen Mitgliedstaaten gewährleisten).

Gebühr für die Inspektion der Lebensmittelkette

Mit der Gebühr für die Inspektion der Lebensmittelkette soll ein Beitrag zur Finanzierung der Strategie für die Sicherheit der Lebensmittelkette und der Tätigkeit der Behörde für die Lebensmittelkette, insbesondere der Inspektion der Lebensmittelkette, geleistet werden. Bis zum 31. Dezember 2014 mussten alle an der Lebensmittelkette beteiligten Marktteilnehmer (wie Landwirte, Lebensmittelverarbeitungsbetriebe, Großhändler und Einzelhändler), auch Anbieter aus anderen Mitgliedstaaten, eine Gebühr zu einem Pauschalsatz von 0,1 % ihres Umsatzes entrichten.

2014 änderte Ungarn sein Lebensmittelkettengesetz und führte besondere Vorschriften für die Berechnung der Inspektionsgebühr für Geschäfte ein, die auf dem ungarischen Markt kurzlebige Konsumgüter verkaufen. Es wurde eine stark progressive Gebührenstruktur mit acht Sätzen zwischen 0 % und 6 % festgelegt. Geschäfte, die kurzlebige Konsumgüter verkaufen und einen geringen oder mittleren Umsatz erzielen, sind von der Gebühr befreit (Umsatz unter 500 Mio. HUF / rund 1,6 Mio. EUR) oder unterliegen einem Satz von 0,1 % (Umsatz zwischen 500 Mio. HUF und 50 Mrd. HUF / etwa zwischen 1,6 Mio. EUR und 161 Mio. EUR). Bei Unternehmen mit höherem Umsatz wird die Gebühr zu progressiven Sätzen von über 1 % erhoben, die bei einem Umsatz von mehr als 300 Mrd. HUF (rund 966 Mio. EUR) 6 % erreichen. Die Änderung ist am 1. Januar 2015 in Kraft getreten.

Bei allen übrigen an der Lebensmittelkette beteiligten Marktteilnehmern wird die Gebühr nach wie vor anhand des Pauschalsatzes von 0,1 % des entsprechenden Umsatzes berechnet.

Auf der Grundlage der derzeit vorliegenden Informationen ist nach Auffassung der Kommission zudem fraglich, ob die Gebühr als mit den EU-Rechtsvorschriften über amtliche Kontrollen entlang der Lebensmittelkette vereinbar angesehen werden kann. Nach diesen Vorschriften sind die Mitgliedstaaten berechtigt, und in bestimmten Fällen verpflichtet, Gebühren zur Deckung der Kosten amtlicher Kontrollen zu erheben, die von nationalen Behörden vorgenommen werden. Insbesondere hat die Kommission Bedenken, ob die geänderten Sätze der ungarischen Gebühr im Einklang mit den genannten EU-Vorschriften den tatsächlichen Kosten dieser Kontrollen entsprechen und sie nicht übersteigen.

Diese Maßnahme gehört zu einer Reihe kürzlich von Ungarn eingeführter Beschränkungen für den Einzelhandel, die sich zusammen negativ auf den Wettbewerb auswirken und die im Vertrag vorgesehenen Grundfreiheiten verletzen könnten. Zum Beispiel wird Einzelhändlern nach einer anderen Gesetzesbestimmung der Betrieb ihres Geschäfts untersagt, wenn sie zwei Jahre hintereinander Verluste verzeichnen. Solche Verluste könnten die Folge der hohen Gebühr für die Inspektion der Lebensmittelkette sein, die einige Einzelhändler bezahlen müssten. Die Kommission hat Kontakt mit der ungarischen Regierung aufgenommen, um zu ermitteln, ob diese Bestimmung und andere Einzelhandelsbeschränkungen mit den Vertragsvorschriften über die Niederlassungsfreiheit vereinbar sind.

Steuer auf Tabakwaren

Am 16. Dezember 2014 verabschiedete das ungarische Parlament das Gesetz XCIV von 2014 über den Gesundheitsbeitrag der Unternehmen der Tabakindustrie. Mit dem am 1. Februar 2015 in Kraft getretenen Gesetz wird eine als „Gesundheitsbeitrag“ bezeichnete Steuer auf den Jahresumsatz eingeführt, der mit Tabakwarenherstellung und -handel in Ungarn erzielt wird. Sie gilt für zugelassene Lagerinhaber, Einführer und registrierte Händler von Tabakwaren.

Der Beitrag wird zu progressiven Sätzen erhoben: 0,2 % (Unternehmen mit einem Umsatz zwischen 30 Mio. HUF und 30 Mrd. HUF / etwa zwischen 96 500 EUR und 96,5 Mio. EUR), 2,5 % (Unternehmen mit einem Umsatz zwischen 30 Mrd. HUF und 60 Mrd. HUF/ etwa zwischen 96,5 Mio. EUR und 193 Mio. EUR) und 4,5 % (Unternehmen mit einem Umsatz von mehr als 60 Mrd. HUF / rund 193 Mio. EUR).

Wenn das Unternehmen bestimmte berücksichtigungsfähige Investitionen vornimmt, kann es die sich aus dem Gesetz ergebende Steuerschuld um bis zu 80 % verringern.

Die Kommission prüft ferner, ob die ungarischen Gesetze über den Vertrieb von Tabakwaren mit EU-Recht vereinbar sind.

Bei der Kommission läuft zurzeit ein weiteres eingehendes Prüfverfahren, in dem geklärt werden soll, ob die im Juni 2014 eingeführte ungarische Werbesteuer mit den EU-Beihilfevorschriften vereinbar ist. Im Fokus stehen dabei die von 0 % bis 50 % reichenden progressiven Werbesteuersätze, die bestimmte Unternehmen selektiv begünstigen und ihnen einen unfairen Wettbewerbsvorteil verschaffen könnten.

 

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