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Kommission verhängt Kartell-Geldbußen in Höhe von 49 Mio. EUR für Schienengüterverkehrsbetreiber

Die Europäische Kommission hat Geldbußen in Höhe von€ 49 154 000 für die zu den Österreichischen Bundesbahnen (im Folgenden „ÖBB“) gehörende Express Interfracht und die zur Deutschen Bahn (im Folgenden „DB“) gehörende Schenkerverhängt, weil sie durch ihre Beteiligung an einem Kartell gegen das EU-Kartellrecht auf dem Markt für sogenannte „Ganzzugdienstleistungen“ verstoßen haben. Die drei Unternehmen trafen Preisabsprachen und teilten ihre Kunden für ihre „Balkantrain-“ und „Soptrain-“Dienstleistungen in Europa für fast acht Jahre zu.

Kühne+Nagel aus der Schweiz, das eines der größten Transport- und Logistikunternehmen in Europa ist, beteiligte sich ebenfalls am Kartell, wurde aber mit keiner Geldbuße belegt, da das Unternehmen aufgrund der Bekanntgabe des Kartells unter die Kronzeugenregelung der Kommission von 2006 fiel. Express Interfracht und Schenker erhielten nach der Kronzeugenregelung Geldbußenermäßigungen, weil sie bei der Untersuchung mit der Kommission kooperiert hatten. Da alle drei Unternehmen einem Vergleich mit der Kommission zustimmten, wurde ihre Geldbuße um weitere 10 % reduziert.

Die für Wettbewerbspolitik zuständige EU-Kommissarin Margrethe Vestager erklärte hierzu:Ich finde es sehr enttäuschend, dass ein Projekt zur Verbesserung der Transporteffizienz und zur Förderung eines umweltfreundlichen Gütertransports durch ein Kartell beeinträchtigt wurde. Die Europäische Union braucht Schienengüterverkehrsmärkte, um auf der Grundlage eines wirksamen Wettbewerbs effizient zu funktionieren und nicht von den Einzelinteressen zulasten der Kunden gelenkt zu werden.“

Bei „Ganzzügen“ handelt es sich um ein Güterbeförderungssystem von einem Knotenpunkt zum anderen, ohne dass die Wagons aufgeteilt oder zwischendurch abgestellt werden. Dies spart Zeit und Geld für Kunden aus einer Vielzahl von Branchen, insbesondere aber jenen, in denen Güter mit großem Volumen zu befördern sind. Ganzzüge sind grundsätzlich wirtschaftlich effizienter als der herkömmliche Schienengütertransport, vor allem bei der Beförderung einzelner Güter.

Die unter das Kartell fallenden Ganzzüge, d. h. der „Balkantrain“ und der „Soptrain“ wurden gemeinsam von Kühne+Nagel, Express Interfracht und Schenker betrieben. Der „Balkantrain“ gewährleistet die Verbindung zwischen West- und Mitteleuropa und Südosteuropa. Der „Soptrain“ verbindet Mitteleuropa mit Rumänien.

Um den Wettbewerb zwischen ihnen einzuschränken, vereinbarten die Unternehmen mehrere restriktive Praktiken:

  • Sie verständigten sich auf bestehende und neue Kunden und deren Zuweisung sowie auf die Einrichtung eines Systems für die Zuteilung der Kunden, einschließlich eines „Meldesystems“ für neue Kunden.
  • Sie tauschten vertrauliche Informationen über bestimmte Kundenanfragen aus.
  • Sie teilten Gütervolumina aus Verträgen mit nachgelagerten Kunden auf.
  • Sie koordinierten die Preise direkt, indem sie einander Scheinangebote für Kunden unterbreiteten, die unter ihr Kundenzuteilungssystem fielen, und nachgelagerten Kunden koordinierte Verkaufspreise anboten.

Alle Unternehmen waren von Juli 2004 bis Juni 2012 an der Zuwiderhandlung beteiligt.

Die inhärente vorgelagerte Koordinierung der Betreiber (gemeinsamer Einkauf der Transportdienste, wie z. B. Beförderung/Traktion, Anhänger und andere Ausrüstungen nationaler Eisenbahnunternehmen) fallen nicht unter den heutigen Beschluss, da eine solche zur Schaffung einer Ganzzugdienstleistung notwendige Koordinierung nicht wettbewerbswidrig ist. Der Beschluss betrifft lediglich die Absprache zwischen den Betreibern der Ganzzüge in Bezug auf die Vermarktung der Dienstleistung.

Geldbußen

Die Geldbußen wurden nach den Geldbußenleitlinien der Kommission von 2006 festgesetzt.

Bei der Festsetzung der Geldbußen trug die Kommission insbesondere den Absatzzahlen der beteiligten Unternehmen beim Schienengüterverkehr in Bezug auf die gemeinsam betriebenen Ganzzüge „Balkantrain“ und „Soptrain“, einschließlich der Nebenbeförderungsdienstleistungen, der besonderen Schwere der Zuwiderhandlung, der geografischen Reichweite des Kartells sowie seiner Dauer Rechnung. Die Geldbußen haben eine angemessene Abschreckungswirkung, ohne dass sie unverhältnismäßig hoch wären.

Im Rahmen der Kronzeugenregelung der Kommission von 2006 wurde Kühne + Nagel die Geldbuße vollständig erlassen, da das Unternehmen die Kommission über die Existenz des Kartells informierte und es somit eine Geldbuße in Höhe von 62 Mio. EUR umging. Express Interfracht erhielt eine Geldbußenermäßigung von 45 % und Schenker von 30 %, weil sie bei der Untersuchung mit der Kommission kooperiert hatten.

Im Einklang mit der Mitteilung der Kommissionüber die Durchführung von Vergleichsverfahren von 2008 minderte die Kommission die Geldbußen aller beteiligten Unternehmen um 10 %, da diese ihre Beteiligung am Kartell einräumten und die entsprechende Verantwortung übernahmen.

Insgesamt wurden folgende Geldbußen verhängt:

  Ermäßigung nach der Kronzeugenregelung Ermäßigung nach der Mitteilung über Vergleichsverfahren Geldbuße (in EUR)
K+N 100 % 10 %                0
EXIF 45 % 10 % 17 356 000
Schenker 30 % 10 % 31 798 000
Insgesamt     49 154 000

 

Hintergrund

Die Untersuchung der Kommission begann mit unangekündigten Nachprüfungen im Juni 2013.

Sobald alle Fragen im Zusammenhang mit dem Schutz vertraulicher Daten geklärt sind, werden weitere Informationen zu diesem Kartellfall unter der Nummer 40098im öffentlich zugänglichen Register der Kommission auf der Website der Generaldirektion Wettbewerb veröffentlicht.Weitere Informationen über die Maßnahmen der Kommission gegen Kartelle finden sich auf ihrer Website unter der Rubrik Kartelle.

Das Vergleichsverfahren

Der heutige Beschluss ist der 19. Vergleichsbeschluss seit Einführung der Vergleichsverfahren für Kartelle im Juni 2008 (siehe Pressemitteilung und MEMO). In einem Vergleich erkennen Unternehmen ihre Kartellbeteiligung und ihre Haftung dafür an. Das Vergleichsverfahren stützt sich auf die Kartellverordnung (Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates) und gestattet der Kommission den Rückgriff auf ein vereinfachtes Verfahren und folglich eine Verkürzung der Zeit für Nachprüfungen. Dies liegt im Interesse der Verbraucher und Steuerzahler, weil Kosten eingespart werden, sowie der Kartellbehörden, da so die Ressourcen für andere Verdachtsfälle eingesetzt werden können, und der Parteien selbst, da Beschlüsse schneller gefasst und ihre Geldbußen um 10 % gesenkt werden.

Zuvor hatte die Kommission Vergleiche mit Teilnehmern an Kartellen in den folgenden Fällen geschlossen: DRAMs, Futterphosphate, Waschpulver, Glas für Kathodenstrahlröhren,Kühlkompressoren, Water-Management-Produkte, Kabelbäume, Euro- und Yen-Zinsderivate,Polyurethanschaum, Strombörsen, Wälzlager, Stahl-Strahlmittel, Pilze, Zinsderivate in SchweizerFranken und Geld-Brief-Spannen, Umschläge und Standheizungen.

Schadenersatzklagen

Alle Personen und Unternehmen, die von dem beschriebenen wettbewerbswidrigen Verhalten betroffen sind, können vor den Gerichten der Mitgliedstaaten auf Schadenersatz klagen. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs und der Kartellverordnung sind Kommissionsbeschlüsse ein bindender Nachweis dafür, dass das Verhalten stattgefunden hat und rechtswidrig war. Selbst wenn die Kommission gegen die betreffenden Unternehmen Geldbußen verhängt hat, kann Schadenersatz gewährt werden. Die von der Kommission verhängte Geldbuße wird dabei nicht mindernd angerechnet.

Die Richtlinie über Schadensersatzklagen wegen Kartellrechtsverstößen, die die Mitgliedstaaten bis zum 27. Dezember 2016 in nationales Recht umsetzen müssen, macht es für die Opfer von Kartellrechtsverstößen einfacher, Schadensersatz durchzusetzen.

über dubi

Siehe auch

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