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Aus 68 Cent mach 9 Euro? Dieser Versuchung kann man nur schwer widerstehen.

Ein Laster voll geschmuggelter Zigaretten bringt eine Million Euro Gewinn?

Wenn ein Päckchen Zigaretten in Weißrussland im Durschnitt 68 Cent, im benachbarten Polen 3,07 EUR, in Deutschland 5,13 Euro und in Großbritannien 9 Euro kostet, ist die Versuchung, die in Weißrussland hergestellten Zigaretten zu schmuggeln und illegal zu verkaufen einfach zu groß.  Wenn man laut einer Studie von KPMG Project Sun aus dem Jahr 2015 mit Zigaretten, hergestellt im weißrussischen Betrieb GTFN, illegal transportiert mit einen Laster, auf dem schwarzen Markt in Großbritannien ungefähr eine Million Euro verdienen kann, (das bedeutet, ein Päckchen wird für 16 Cent eingekauft und illegal für 2,25 Euro verkauft) so haben die EU-Länder mit illegal eingeführten und verkauften Zigaretten ein ernsthaftes Problem.

Die alljährlich herausgegebene Studie der internationalen Firma KPMG über den illegalen Zigarettenmarkt, (seit 2013 in Zusammenarbeit mit den vier größten Tabakgesellschaften erstellt – Philip Morris International, British American Tobacco, Imperial Tobacco Group und Japan Tobacco International vorbereitet) zitiert in der letzten Ausgabe aus dem Jahr 2015 einige schwerwiegenden Ermittlungen: ungefähr jede zehnte in den EU-Ländern gerauchte Zigarette ist illegal, d.h. ca. 53 Milliarden Zigaretten stammen nicht aus legalen Quellen. Aus finanzieller Sicht ist diese Feststellung noch dramatischer –  der Steuerausfall für illegale Zigaretten schlägt mit ca. 11,3 Milliarden Euro zu Buche. Die illegalen Zigaretten gibt es in drei Versionen: entweder handelt es sich um legal hergestellten Zigaretten, die aber zum Zweck des Schmuggelns produziert wurden oder um Zigaretten, die in Ländern mit niedrigerer Versteuerung gekauft und illegal auf Märkten in Ländern mit höherer Versteuerung verkauft wurden, oder es handelt sich um illegal hergestellte und illegal verkaufte Zigaretten.

Aus der schon erwähnten Studie KPMG Project Sun 2015 geht hervor, dass einer der größten Quellen von illegalen Zigaretten in EU-Ländern Weißrussland ist. Dort hatten 2015 ungefähr 6 Milliarden in den EU-Ländern illegal verkaufte Zigaretten ihren Ursprung. Der Bericht konzentriert sich auf Produkte des weißrussischen staatlichen Produzenten Grodno Tobacco Factory Neman (GTFN), bei dem in den letzten Jahren ein beispielloser Anstieg von illegalen in der EU gerauchten Zigaretten festgestellt wurde – von 700 Millionen im Jahr 2009 auf 6 Milliarden im Jahr 2015.

Aus der Analyse von mehreren öffentlich zugänglichen Quellen geht hervor, dass die Zigaretten der Marke GTFN im Jahr 2014 1,2 Prozent des Gesamtverbrauchs von Zigaretten in der EU ausmachten. Sie sind gleichzeitig etwa ein Zehntel der gefälschten und geschmuggelten Zigaretten und nicht ganz ein Drittel der illegalen weißen in der EU gerauchten Zigaretten (Bericht KPMG…). Die Steuerausfälle aus diesem Handel erreichen ungefähr eine Milliarde Euro.

Interessant ist gleichzeitig, in den Jahren 2012 – 2014 wurden in Weißrussland ohne jeglichen vernünftigen Grund die Quoten für die Herstellung von Zigaretten erhöht und die Quoten für die Produktion von Zigaretten für den Export sogar de facto abgeschafft. Laut mehreren heimischen Analysen ist die Obergrenze des heimischen Verbrauchs 20 Milliarden Zigaretten. Die jährliche Produktion von GTFN stieg aber auf etwa 28 Milliarden im Jahr 2014. Ebenso sank in den Jahren 2012-2014 der „nicht registrierte Export“ oder der Export in „unbekannte Länder“ von 4,8 auf 2,2 Milliarden Zigaretten, währenddessen stieg der Export der Firma GTFN von 1,2 auf 8,6 Milliarden Zigaretten. Auch laut Belstat, dem weißrussischen staatlichen Statistikamt, hat sich der Export von Zigaretten in diesem Jahr verdreifacht.

Darüber, dass der wesentliche Teil von Produktion der Firma GTFN geschmuggelt und verkauft wird, wird nicht nur in den benachbarten Ländern gesprochen, auch in den EU-Ländern zeugen Hunderte von Artikeln davon. Zum Beispiel werden laut der Tageszeitung Chartya97 (Charter97 vom 5. März 2012) in der Ukraine illegal Zigaretten der Marke Fest (Hersteller GTFN) ohne Wertmarken verkauft. Laut einer litauischen Untersuchung aus dem Jahr 2013 werden bis zu drei Viertel der geschmuggelten Zigaretten in Weißrussland hergestellt vor allem die Marken Fest und Minsk. Gemäß einem Artikel vom 5. Dezember 2014 (Zautra tvojej strany) haben polnische Zöllner 2014 in zehn Monaten bis zu 1,3 Millionen Päckchen von weißrussischen Zigaretten beschlagnahmt.  Nach den ukrainischen Medien stammen ungefähr 40 Prozent von illegalen Tabakprodukten in der Ukraine aus Weißrussland (RBK-Ukraina, 31. März 2015). Im Mai 2015 hat auch die britische Tageszeitung Daily Express angegeben, dass die britische Regierung durch den Verkauf von illegalen Zigaretten zwei Milliarden Pfund Sterling verloren hat. Ungefähr 40 Prozent aller illegalen in Großbritannien gerauchten Zigaretten gehören zu der Marke Fest, hergestellt durch die Firma GTFN.

Bedenkt man, dass der Zigarettenmarkt in Weißrussland durch den Ministerrat reguliert wird, dass der Staat die Produktionsquoten bestimmt und ein Monopol auf den Zigarettenimport hat, dass er einen Teil des Vertriebs beherrscht und darüber hinaus vor allem der alleinige Eigentümer des dominanten Produzenten GTFN ist, so folgen aus der Analyse öffentlich zugänglicher Daten über den illegalen Zigarettenhandel produziert durch die Firma GTFN zwei Alternativen: Im günstigsten Fall hat die Firma GTFN keine Kontrolle über ihre Lieferantenkette, im schlimmsten Fall gründet das Geschäftsmodel dieser staatlichen Firma auf dem illegalen Handel, von dem etwa ein Viertel ihrer Produktion betroffen ist. Inkompetenz oder Absicht? Fast eine Hamlet-Frage. Es ist etwas faul im Staate Weißrussland.

über red

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