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Fahrzeug-Emissionstests: Vom Labor auf die Straße

Pro Jahr verursacht die Luftverschmutzung mehr als 430 000 vorzeitige Todesfälle in Europa. Die Hauptquellen von Stickstoffoxiden (NOx), inkl. der giftigen Stickstoffdioxide, sind vor allem Dieselfahrzeuge. EU-Bestimmungen regeln Emissionslimits (für NOx und andere Luftschadstoffe) für Autos und legen Testverfahren fest. Laut Studien überschreiten die Emissionen im Fahrbetrieb die Messergebnisse im Labor um ein Vielfaches. Testverfahren sollen nun echte Fahrbedingungen besser widerspiegeln.

Am 23. Februar veranstaltete der Umweltausschuss eine öffentliche Anhörung zum Thema „Tests zur Ermittlung der Emissionen im normalen Fahrbetrieb“. Die EU-Abgeordneten debattierten mit Experten über Vorschläge zur Verbesserung der Verfahren für Fahrzeug-Emissionstests.

“Wir müssen das Vertrauen in den europäischen Automobilsektor wiederherstellen. Dieser Sektor sollte vollkommen vertrauenswürdig sein. Aus diesem Grund müssen die Testverfahren klar, anspruchsvoll und unabhängig sein“, betonte die französische EU-Abgeordnete Françoise Grossetête (EVP).

Der deutsche EU-Abgeordnete Matthias Groote (S&D) sagte: „Wir im EU-Parlament möchten dafür sorgen, dass wir ein zentrales und unabhängiges Prüfsystem haben.“ Zudem sei es notwendig, sicherzustellen, dass die Gesetzgebung auch wirklich eingehalten werde.

Ein neues Automodell kann nur dann auf den Markt gebracht werden, wenn es die EU-Umweltschutzauflagen, die sogenannten Euro-Abgasnormen, erfüllt. Sobald ein Automodell in einem EU-Mitgliedsland zugelassen worden ist, kann es in der gesamten EU zum Verkauf angeboten werden. Dieser Prozess ist die sogenannte „Typgenehmigung“.

NOx-Emissionen von Dieselautos

Derzeit werden die Emissionen von neuen Automodellen im Labor getestet. Studien haben jedoch gezeigt, dass große Unterschiede zwischen den Messungen im Labor und im realen Fahrbetrieb bestehen. Die neuesten Euro 6-Dieselfahrzeuge können im echten Fahrbetrieb eine um einiges höhere Menge an Stickstoffoxiden ausstoßen als in spezialisierten Testcentern.

Der Straßenverkehr verursacht 40 Prozent der Stickstoffoxide (NOx) in Europa. Rund 80 Prozent dieser Emissionen werden von Dieselautos ausgestoßen. (Rund 50 Prozent der in der EU verkauften neuen Autos sind Dieselfahrzeuge). Benzinbetriebene Fahrzeuge erfüllen die NOx-Standards.

2010 führte die Gemeinsame Forschungsstelle der EU-Kommission einen Test mit sechs benzinbetriebenen Fahrzeugen und sechs Dieselfahrzeugen durch. „Die Hauptschlussfolgerung des Tests ist, dass es ein Problem mit den NOx-Emissionen von Dieselautos im realen Fahrbetrieb gibt“, sagte Alois Krasenbrink von der Gemeinsamen Forschungsstelle bei der Anhörung.

Woher kommen die Unterschiede zwischen Labor und echtem Fahrbetrieb?

Die Messverfahren sind überholt. Sie wurden 1970 eingeführt und 1990 überarbeitet. Zudem sind die Tests sehr flexibel. Autohersteller können das Gewicht der Fahrzeuge verringern oder beispielsweise Reifen mit geringem Rollwiderstand einsetzen. Außerdem spielen andere Faktoren wie der Fahrstil oder die Lufttemperatur eine entscheidende Rolle.

Die EU überarbeitet nun die Verfahren für Emissionstests, um die echten Fahrbedingungen besser widerzuspiegeln. Die EU-Kommission hat bereits zwei von vier neuen Maßnahmen verabschiedet. Die neuen „Real Driving Emissions (RDE)“-Tests werden ab September 2017 zum Einsatz kommen.

Das Parlament und der Ministerrat arbeiten an einer Überarbeitung der EU-Regeln für Kraftfahrzeugemissionen (Euro-Emissionsnormen für Autos und Lastkraftwagen) und einer Reform der EU-Typgenehmigung, die die Unabhängigkeit der Testverfahren verbessern sollen.

Nach dem Volkswagen-Skandal hat das EU-Parlament einen Untersuchungsausschuss eingerichtet, der mutmaßliche Verstöße der Automobilindustrie gegen das Unionsrecht im Zusammenhang mit Emissionsmessungen prüfen soll. Der Untersuchungsausschuss wird am kommenden Mittwoch (2.3.) zum ersten Mal zusammentreten, um den/die Vorsitzende/n und die stellvertretenden Vorsitzenden zu wählen.

Der Generalsekretär der Europäischen Automobilhersteller-Vereinigung Erik Jonnaert sagte: “Wir erkennen an, dass die RDE-Tests dringend nötig sind, obwohl sie eine Herausforderung für die Automobilindustrie sind.“ Gemäß Jonnaert würden die Herstellungskosten pro Auto um 600 bis 1 300 Euro steigen. Rund ein Viertel der geplanten Dieselmodelle würden wahrscheinlich nicht produziert werden.

Chris Caroll von der Europäischen Konsumentenvereinigung führte an: „Die EU-Gesetzgebung in diesem Bereich legt klar fest, dass Autos im Fahrbetrieb bestimmten Prüfungsergebnissen entsprechen sollten. Sie sollten im normalen Gebrauch die gleiche Leistung zeigen wie beim Labortest. Und dies ist derzeit nicht der Fall.“

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Europäisches Parliament.

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