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Viviane Reding über die TiSA-Verhandlungen

Die EU und 22 Länder, die gemeinsam für 70 Prozent des weltweiten Handels mit Dienstleistungen verantwortlich sind, verhandeln derzeit das Abkommen über den Handel mit Dienstleistungen (TiSA). Das EU-Parlament muss dem Abkommen zustimmen. Die EU-Abgeordneten verfolgen die Verhandlungen und fordern mehr Transparenz. Der Ausschuss für internationalen Handel stimmt am 18.1. über seine Empfehlungen zu den Verhandlungen ab. Wir haben Berichterstatterin Viviane Reding (EVP) aus Luxemburg interviewt.

Wie beurteilen Sie die TiSA-Verhandlungen? Sind die Verhandlungen transparenter als bisherige Verhandlungen über Handelsabkommen?

Die TiSA-Verhandlungen sind ein echter Durchbruch. Wir forderten mehr Transparenz und erhielten mehr Transparenz. Die EU-Abgeordneten erhalten alle Verhandlungsdokumente. Die Bürger haben online Zugriff auf das Verhandlungsmandat der EU, den Verpflichtungsplan der EU und andere Dokumente. Wir werden auch weiterhin noch mehr Transparenz einfordern.

Wir haben auch ausdrücklich gesagt, dass das Parlament nicht untätig sein wird, bis der endgültige Text fertiggestellt ist. Wir möchten in den gesamten Prozess miteinbezogen werden und die Verhandlungen maßgeblich beeinflussen. 2014 haben wir eine Beobachtungsgruppe eingerichtet, die jede Verhandlungsetappe bedingungslos überwacht und alle Verhandlungsdokumente analysiert. Die Fraktionen treten jeweils vor und nach den einzelnen Gesprächsrunden zusammen und tauschen sich mit dem Verhandlungsführer der EU aus. Zugleich suchen wir den Dialog außerhalb der EU-Institutionen, vor allem mit der Zivilgesellschaft. Die Arbeit der Beobachtungsgruppe ist sehr erfolgreich.

Es ist nun unsere Verantwortung als Mitglieder des Europäischen Parlaments klar festzulegen, welches TiSA-Abkommen wir anstreben und was wir ablehnen. Werden unsere Empfehlungen nicht in das endgültige Abkommen aufgenommen, dann wird das Parlament gegen das Abkommen stimmen.

 

Welche Empfehlungen formuliert das EU-Parlament, um ein ausgewogenes Abkommen zu erzielen?

TiSA darf unsere öffentlichen Dienstleistungen, unsere Kultur, das Arbeitsrecht, Umweltstandards sowie den Konsumenten- und Datenschutz nicht untergraben. In anderen Worten ausgedrückt: Die Art und Weise, wie wir in Europa leben, darf nicht untergraben werden. Dies ist unabdingbar. Unser Politik-, Kultur- und Sozialmodell ist eine Stärke und keine Last. Kein Handelsabkommen darf unsere Standards verändern. Sonst wird sich das Parlament gegen das Abkommen aussprechen. Wir müssen uns hier ganz klar ausdrücken. Das Recht auf Regulierung muss bewahrt werden. Nichts darf die europäischen, nationalen und lokalen Behörden daran hindern, ihre Gesetze zu erhalten, zu verbessern und anzuwenden. Das ist äußerst wichtig.

Als weltweit größter Exporteur in Dienstleistungen sollte die EU ihr Gewicht entsprechend einsetzen. TiSA bietet die Gelegenheit, die Globalisierung zu gestalten, die Gegenseitigkeit beim Marktzugang zu verbessern und mehr Rechte für die Konsumenten zu erwirken, sowohl wenn sie im Ausland reisen als auch wenn sie online einkaufen.

 

Viele Menschen äußern Bedenken gegenüber den TTIP-Verhandlungen. Wie kann dies hinsichtlich TiSA verhindert werden?

Durch eine breite parlamentarische Unterstützung. Jeder kann seine Argumente vorbringen. So haben wir einen Konsens darüber erzielt, was wir erreichen möchten. Durch diesen Konsens sind wir gestärkt und können die Europäische Kommission darin beeinflussen, wie die Verhandlungen geführt werden sollen. Die Bürger müssen und werden verstehen, dass die direkt gewählten Mitglieder des Europäischen Parlaments sich dafür einsetzen, die Rechte der Bürger zu schützen – nicht nur für die Gegenwart, sondern auch die Zukunft. Es ist eine Menge Arbeit, doch das ist es wert. Ich denke, das ist auch, was die Bürger von uns erwarten.

Seit den Europawahlen 2014 verändert sich die EU-Handelspolitik. Dieser Bericht wird weitere Veränderungen bringen.


Das Handelsabkommen TiSA wird derzeit von 23 Mitgliedern der Welthandelsorganisation WTO, darunter auch die Europäische Union, verhandelt. Mit TiSA sollen die Dienstleistungsmärkte geöffnet werden. Die EU ist der weltweit größte Exporteur von Dienstleistungen. Die Liberalisierung des Handels mit Dienstleistungen soll einen größeren Markt für die europäischen Unternehmen schaffen sowie eine breitere Auswahl für die europäischen Konsumenten. Die Verhandlungen über TiSA wurden im März 2013 aufgenommen. Bis Ende 2015 fanden 15 Gesprächsrunden statt. Die EU-Kommission führt die Verhandlungen im Namen der EU.

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