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Kommission unternimmt erste Schritte für einen breiteren Zugang zu Online-Inhalten und legt ihr Konzept für die Modernisierung des Urheberrechts in der EU dar

Im Rahmen ihrer Strategie für den digitalen Binnenmarkt unterbreitet die Kommission heute einen Vorschlag, der es den Europäern erlaubt, ihre Online-Inhalte auf Reisen mitzunehmen, und sie legt einen Aktionsplan zur Modernisierung des EU-Urheberrechts vor.

Gegenwärtig können Europäer ihre Online-Dienste für Filme, Sportsendungen, Musik, e-Bücher oder Spiele, für die sie in ihrem Heimatland bezahlt haben, häufig auf Reisen in der EU nicht nutzen. Die heute vorgeschlagene Verordnung zur Gewährleistung der grenzüberschreitenden Portabilität von Online-Inhalten im Binnenmarkt soll diese Beschränkungen beseitigen und den Bewohnern der EU die Möglichkeit eröffnen, ihre zuhause erworbenen oder abonnierten Online-Inhalte auf Reisen mitzunehmen. Diese grenzüberschreitende Weiternutzbarkeit („Portabilität“), ein neues EU-Verbraucherrecht, soll voraussichtlich schon im Jahr 2017 Wirklichkeit werden, also im gleichen Jahr, in dem auch die Roamingentgelte innerhalb der EU abgeschafft werden. Da es sich um einen Verordnungsvorschlag handelt, wird dieses Recht nach der Verabschiedung direkt in allen 28 EU-Mitgliedstaaten gelten.

Außerdem stellt die Kommission heute ihr Konzept für ein modernes EU-Urheberrecht vor. Diese „politische Vorausschau“ wird nun in den kommenden sechs Monaten in konkrete Legislativvorschläge und Politikinitiativen umgesetzt, wobei alle Ergebnisse der verschiedenen öffentlichen Konsultationen berücksichtigt werden.

Insgesamt möchte die Kommission dafür sorgen, dass alle Europäerinnen und Europäer Zugang zu einem breiten Angebot an rechtmäßigen Inhalten haben und dass gleichzeitig Autoren und andere Rechteinhaber besser geschützt werden und eine gerechte Vergütung erhalten. Außerdem werden die Schlüsselbereiche Bildung, Kultur, Forschung und Innovation von moderneren und europäischeren Rahmenbedingungen profitieren.

Andrus Ansip, Vizepräsident für den digitalen Binnenmarkt, erklärte dazu: „Vor sieben Monaten versprachen wir eine rasche Verwirklichung des digitalen Binnenmarkts. Heute präsentieren wir nun unsere ersten Vorschläge. Wir wollen die grenzüberschreitende Nutzung von Inhalten sicherstellen. Wer Inhalte – wie Filme, Bücher, Fußballspiele oder Fernsehserien – rechtmäßig erworben hat, muss sie auch überall in Europa auf Reisen mitnehmen und nutzen können. Dies bedeutet eine echte Chance, die dem gleichkommt, was wir mit der Abschaffung der Roamingentgelte erreicht haben. Darüber hinaus erläutern wir heute unser Konzept eines modernen Urheberrechts in der EU – und wie wir es schrittweise verwirklichen wollen. Unser Ziel ist es, den Menschen einen breiteren Zugang zu kulturellen Inhalten zu ermöglichen und die Urheber zu unterstützen. Außerdem wollen wir die europäische Forschung und Entwicklung z. B. mit Techniken wie Text- und Data-Mining stärken. Der digitale Binnenmarkt ist das wegweisende Konzept, mit dem Europa seinen Platz im Digitalzeitalter behaupten will, und heute nehmen wir seine Verwirklichung in Angriff.“

Günther H. Oettinger, EU-Kommissar für die digitale Wirtschaft und Gesellschaft, ergänzte: „Die heute vorgeschlagene Verordnung ist der erste Schritt einer ehrgeizigen Reform. Ich vertraue darauf, dass die Mitgesetzgeber nun alles tun werden, damit die Portabilität ab 2017 für die europäischen Verbraucher Wirklichkeit wird, so dass sie ihre Inhalte, die sie zuhause mögen, auch auf Reisen in der EU nutzen können – und das ohne Angst vor Roamingentgelten, die Mitte 2017 abgeschafft werden. Unser Aktionsplan weist den Weg für weitere Reformen im Frühjahr nächsten Jahres: Wir wollen urheberrechtliche Rahmenbedingungen schaffen, die stimulierend und gerecht sind, die Investitionen in die Kreativität belohnen und den Europäerinnen und Europäern den rechtmäßigen Zugang zu Inhalten und deren rechtmäßige Nutzung erleichtern. Unsere fortlaufenden Arbeiten an der Rolle der Plattformen und Online-Mittler wird ebenfalls dazu beitragen, unseren Plan in konkrete Legislativvorschläge umzusetzen.“

Ferner schlägt die Kommission heute neue Vorschriften vor, um den Schutz der europäischen Verbraucher beim Online-Einkauf zu verbessern und die Unternehmen beim grenzüberschreitenden Verkauf zu unterstützen. Zusammen sind dies die ersten Legislativvorschläge, die im Zuge der im Mai vorgestellten Strategie für den digitalen Binnenmarkt unterbreitet werden.

Ein modernes und europäischeres Urheberrecht

Der Aktionsplan der Kommission beruht auf vier Säulen, die sich gegenseitig ergänzen und von gleicher Bedeutung sind. Zudem umfasst er ein langfristiges Konzept für das Urheberrecht in der EU.

1. Ein breiterer Zugang zu Inhalten in der gesamten EU

Die heutigen Vorschriften zur Portabilität von Inhalten sind ein erster Schritt zur Verbesserung der Zugänglichkeit kultureller Werke. Beispiel: Ein französischer Nutzer von MyTF1 (Filme und Serien) kann keinen neuen Film mieten, wenn er sich auf Geschäftsreise in Großbritannien befindet. Ein niederländischer Netflix-Abonnent, der in Deutschland unterwegs ist, kann nur die Netflix-Filme anschauen, die den deutschen Nutzern angeboten werden. In Polen kann er überhaupt keine Filme über Netflix abrufen, da Netflix in Polen nicht verfügbar ist. Das wird sich nun ändern. Künftig werden Reisende innerhalb der gesamten EU unterwegs den gleichen Zugriff auf ihre Musik, Filme und Spiele haben wie zuhause.

Im nächsten Frühjahr werden weitere Vorschläge folgen. Angestrebt werden eine bessere Verbreitung von Inhalten, eine größere Auswahl für die Europäer, eine Stärkung der kulturellen Vielfalt und mehr Möglichkeiten für die Kreativwirtschaft. Dazu will die Kommission die grenzüberschreitende Online-Verbreitung von Fernseh- und Hörfunkprogrammen verbessern (durch eine Änderung der Satelliten- und Kabelrichtlinie) und die Erteilung von Lizenzen für den grenzüberschreitenden Zugang zu Inhalten vereinfachen. Die Kommission wird sich auch darum bemühen, vergriffenen Werken zu einem neuen Leben zu verhelfen.

Ferner wird die Kommission auch weiterhin ihr Programm „Kreatives Europa“ nutzen, damit das europäische Kino ein größeres Publikum erreicht. So sieht der Aktionsplan vor, dass innovative Werkzeuge entwickelt werden sollen, z. B. ein „europäischer Aggregator“ von Online-Suchportalen und „Lizenzvergabestellen“, um die Verbreitung von Filmen zu fördern, die nur in wenigen Mitgliedstaaten verfügbar sind.

2. Ausnahmen vom Urheberrecht für eine innovative und inklusive Gesellschaft

Die Kommission arbeitet an wichtigen EU-weiten Ausnahmen vom Urheberrecht. Solche Ausnahmen erlauben unter bestimmten Voraussetzungen die Nutzung urheberrechtlich geschützter Werke ohne vorherige Genehmigung der Rechteinhaber. Die Kommission wird EU-Vorschriften überarbeiten, damit Forscher leichter „Text- und Data-Mining“-Technik einsetzen und große Datenmengen auswerten können. In diesem Zusammenhang ist die Bildung ebenfalls eine wichtige Priorität. Beispielsweise sollte es für Lehrer, die online unterrichten, bessere und klarere Regeln geben, die auch europaweit gelten. Ferner möchte die Kommission erreichen, dass mehr Werke für Menschen mit Behinderungen zugänglich werden (das ist das Ziel des Vertrags von Marrakesch). Schließlich wird die Kommission prüfen, ob es nötig ist, mehr Rechtssicherheit für Internetnutzer zu schaffen, die ihre Fotos von Gebäuden und dauerhaft im öffentlichen Raum befindlichen öffentlichen Kunstwerken ins Internet stellen („Panorama-Ausnahme“).

3. Schaffung eines gerechteren Markts

Die Kommission wird prüfen, ob die Online-Nutzung urheberrechtlich geschützter Werke, die aus Investitionen ihrer Schöpfer und der Kreativwirtschaft hervorgegangen sind, angemessen durch Lizenzen autorisiert und vergütet wird. Sie wird also prüfen, ob die Gewinne aus der Online-Nutzung solcher Werke gerecht aufgeteilt werden. In diesem Zusammenhang wird sich die Kommission auch mit der Rolle der Nachrichten-Aggregationsdienste befassen. Dabei wird sie die Verhältnismäßigkeit wahren, es besteht keineswegs die Absicht, eine„Steuer“ auf Hyperlinks zu erheben. Von Nutzern, die einfach nur einen Hyperlink zu urheberrechtlich geschützten Inhalten weitergeben, soll also keine Urheberrechtsabgabe verlangt werden. Außerdem wird die Kommission prüfen, ob Lösungen auf EU-Ebene zur Stärkung der Rechtssicherheit, Transparenz und Ausgewogenheit des Systems zur Vergütung von Autoren und Künstlern in der EU geboten sind. Dabei wird sie die Kompetenzverteilung zwischen EU-Ebene und nationaler Ebene berücksichtigen. Die noch laufende öffentliche Konsultation über Plattformen und Online-Mittler wird in diese allgemeinen Überlegungen einfließen.

4. Bekämpfung der Piraterie

Eine breitere Verfügbarkeit von Inhalten wird auch helfen, die Piraterie zu bekämpfen, denn 22 % der Europäer halten illegale Downloads für akzeptabel, wenn es in ihrem Land keine legale Alternative gibt. Die Kommission wird aber hier nicht Halt machen, sondern im Zuge ihres Gesamtkonzepts zur Verbesserung der Durchsetzung aller Arten von Rechten des geistigen Eigentums dafür sorgen, dass das Urheberrecht überall in der EU ordnungsgemäß durchgesetzt wird. Im Jahr 2016 wird sie an einem europäischen Rahmen arbeiten, der den Finanzströmen folgt und diese für Unternehmen austrocknet, die mit Piraterie Geld machen („Follow-the-Money“) Darin wird sie alle einschlägigen Partner (Rechteinhaber, Werbung, Zahlungsdienstleister, Verbraucherverbände u.a.) einbeziehen, mit denen bis zum Frühjahr 2016 Einigung erzielt werden soll. Die Kommission will die EU-Bestimmungen zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums verbessern, und hat deshalb als ersten Schritt heute eine öffentliche Konsultation zur Bewertung und Modernisierung des bestehenden Rechtsrahmens eingeleitet. Außerdem wird sie sich damit befassen, wie die Entfernung illegaler Inhalte durch Online-Mittler effizienter gemacht werden kann.

Ein langfristiges Konzept für das Urheberrecht

Die wirksame und einheitliche Anwendung des Urheberrechts in der gesamten EU durch nationale Gesetzgeber wie auch die Gerichte wird künftig genauso wichtig sein wie die Vorschriften selbst. Heute sind zwar nicht alle Voraussetzungen gegeben, um eine vollständige EU-weite Urheberrechtsangleichung mit einem einzigen Urheberrechtsgesetz und einem einheitlichen Urheberrechtstitel zu erwägen, dies sollte aber ein erstrebenswertes Ziel für die Zukunft bleiben.

Hintergrund

Die Art und Weise, wie kreative Inhalte genutzt, erstellt und verbreitet werden, hat sich durch die digitale Technik grundlegend geändert. 49 % der Internetnutzer in der EU hören Musik, schauen Videos und spielen online. Viele von ihnen, vor allem die jüngsten, haben die Erwartung, dass sie dies auch auf Reisen in der EU tun können. Diese Trends dürften sich weiter verstärken, denn mit der Abschaffung der Roamingentgelte werden die Europäer ab 2017 weniger bezahlen müssen, wenn sie mit ihren Mobilgeräten in anderen Mitgliedstaaten ins Internet gehen. Europäische Schulen und Universitäten wollen in die elektronische Bildung einsteigen, Forscher wollen moderne Inhaltsanalysetechnik (Content-Mining) nutzen und Einrichtungen des Kulturerbes sind zur Digitalisierung ihrer Sammlungen bereit. Urheberrechtsintensive Sektoren (Medien, Buchverlage, Musikindustrie, Fernsehen) machen in der EU mehr als 7 Mio. Arbeitsplätze aus. Deshalb ist es sehr wichtig, dass sie in einem Umfeld arbeiten können, das den neuen Herausforderungen gerecht wird. Die meisten urheberrechtlichen Bestimmungen gehen allerdings auf das Jahr 2001 zurück und sind in vieler Hinsicht nicht mehr „zweckmäßig“, wenn es darum geht, einen digitalen Binnenmarkt in der EU aufzubauen. Deshalb hat die Kommission die Modernisierung des EU-Urheberrechts in ihre im Mai vorgestellte Strategie für den digitalen Binnenmarkt aufgenommen.

Fortschritte auf dem Weg zum digitalen Binnenmarkt

Die heute vorgeschlagenen Bestimmungen für das Urheber- und Vertragsrecht im digitalen Umfeld sind die ersten Legislativvorschläge, die im Zuge der Strategie für den digitalen Binnenmarkt unterbreitet werden. Insgesamt stehen bis zum Ende des nächsten Jahres 16 Initiativen auf der Tagesordnung.

Die heutigen Vorschläge werden die jüngsten Erfolge beim Aufbau eines digitalen Binnenmarkts fortschreiben: die Einigung über die Abschaffung der Roamingentgelte ab Juni 2017, die Verankerung der Netzneutralität im EU-Recht und die Stärkung der Cybersicherheit in der EU. Außerdem bemüht sich die Kommission intensiv um eine politische Einigung über die Stärkung der EU-Datenschutzvorschriften bis zum Jahresende.

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Siehe auch

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