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Kartellrecht: Neue Kommissionsleitlinien zum gemeinsamen Verkauf von Olivenöl, Rindfleisch und Kulturpflanzen

In den Leitlinien wird dargelegt, wie die europäischen Landwirte, auf deren Unterstützung die Leitlinien abzielen, im Bereich des gemeinsamen Verkaufs von Olivenöl, Rindfleisch und Kulturpflanzen unter bestimmten Voraussetzungen zusammenarbeiten können, ohne gegen die EU-Wettbewerbsvorschriften zu verstoßen. Die Märkte für die genannten Erzeugnisse werden mit mehr als 80 Mrd. EUR pro Jahr veranschlagt.

Die Europäische Kommission hat neue Leitlinien angenommen, in denen ausgeführt wird, wie bestimmte für die Landwirtschaft geltende Ausnahmen von den kartellrechtlichen Vorschriften der EU auf den Verkauf bestimmter landwirtschaftlicher Erzeugnisse anzuwenden sind. Den Landwirten werden damit Orientierungshilfen an die Hand gegeben, wie sie Olivenöl, Rindfleisch und Kulturpflanzen unter bestimmten Voraussetzungen im Einklang mit den EU-Wettbewerbsvorschriften gemeinsam verkaufen können. Die europäischen Märkte für die drei Erzeugnisse schlagen mit mehr als 80 Mrd. EUR pro Jahr zu Buche.

Die für Wettbewerbspolitik zuständige EU-Kommissarin Margrethe Vestager erklärte dazu: „Diese Leitlinien bilden ein Handbuch, in dem den Landwirten erklärt wird, welche Möglichkeiten sie haben, unter voller Einhaltung der EU-Wettbewerbsvorschriften gemeinsam Olivenöl, Rindfleisch und Kulturpflanzen zu verkaufen. Ziel ist es zu gewährleisten, dass die europäischen Landwirte zusammenarbeiten können, um wettbewerbsfähig zu bleiben und gegenüber den Abnehmern eine stärkere Verhandlungsposition zu haben“.

Phil Hogan, EU-Kommissar für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung, sagte: „Durch die in den Leitlinien enthaltenen klaren und praktikablen Regeln soll die gemeinsame Position der Landwirte in der Lebensmittelkette gestärkt werden. Die Leitlinien helfen den Landwirten, die Auswirkungen der zunehmenden Konzentration auf der Verarbeitungs- und Einzelhandelsstufe der Lebensmittelkette aufzufangen. Dies ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu vertretbaren Wettbewerbsbedingungen auf den Agrarmärkten und zur vollen Ausschöpfung der im Rahmen der neuen GAP zur Verfügung stehenden Instrumente.“

Die neuen Leitlinien ergänzen die Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) 2013, mit der die Regeln für die Zusammenarbeit von EU-Landwirten geändert wurden. Die im Rahmen der GAP-Reform getroffenen Maßnahmen zielen darauf ab, die Wettbewerbsfähigkeit und die Nachhaltigkeit der europäischen Landwirtschaft zu steigern und die Verhandlungsposition der Landwirte gegenüber den Abnehmern zu stärken. Dabei soll ein marktorientierter Ansatz gewahrt bleiben.

Die allgemeinen Wettbewerbsvorschriften der EU untersagen Vereinbarungen zur Festsetzung von Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen und die Aufteilung von Märkten, es sei denn, die jeweiligen Vereinbarungen tragen unter angemessener Beteiligung der Verbraucher an dem entstehenden Gewinn zur Verbesserung der Warenerzeugung oder -verteilung bei. Für den landwirtschaftlichen Sektor gelten diese allgemeinen Wettbewerbsvorschriften, wie in der Verordnung über eine gemeinsame Marktorganisation dargelegt, vorbehaltlich bestimmter Ausnahmen.

Gegenstand der neuen Leitlinien sind drei effizienzbasierte Ausnahmeregelungen, auf deren Grundlage Erzeuger von Olivenöl, Rindfleisch und Kulturpflanzen ihre Erzeugnisse unter bestimmten Voraussetzungen über anerkannte Organisationen gemeinsam verkaufen und Preise, Mengen und andere Vertragsbedingungen gemeinsam festsetzen dürfen. Bei diesen Voraussetzungen handelt es sich insbesondere um Folgende:

–         Die jeweiligen Organisationen müssen durch Bereitstellung von nicht verkaufsbezogenen Unterstützungstätigkeiten (z. B. Lagerung, Transport, Vertrieb) erhebliche Effizienzgewinne der Landwirte bewirken und

–         die von einer bestimmten Organisation vermarkteten Mengen dürfen bestimmte Obergrenzen nicht überschreiten (20 % des relevanten Marktes bei Olivenöl und 15 % des nationalen Marktes bei Rindfleisch und Kulturpflanzen).

Die neuen Leitlinien helfen den Landwirten bei der Erfüllung dieser Anforderungen. Darüber hinaus bieten sie den Wettbewerbsbehörden und den Gerichten der Mitgliedstaaten eine Richtschnur für die Anwendung der neuen Vorschriften. Die Leitlinien:

–         enthalten eine klare Definition/Angabe der Art der Tätigkeiten, die die für die Inanspruchnahme der Ausnahmeregelung erforderlichen erheblichen Effizienzgewinne herbeiführen können und geben konkrete Beispiele für Situationen, in denen solche Tätigkeiten erhebliche Effizienzgewinne bewirken können;

–         legen dar, wie die von den Erzeugerorganisationen vermarkteten Mengen berechnet werden und wie – unter Berücksichtigung natürlicher Änderungen im Zeitverlauf – geprüft werden kann, dass die jeweiligen Mengen die Obergrenzen nicht überschreiten;

–         erläutern, wie außergewöhnliche Umstände, wie z. B. Naturkatastrophen, bei der Berechnung der von den Erzeugerorganisationen vermarkteten Mengen berücksichtigt werden können und

–         stellen kar, in welchen Fällen die nationalen Wettbewerbsbehörden und die Kommission die in der GMO-Verordnung vorgesehene Schutzklausel anwenden können. Auf der Grundlage dieser Schutzklausel können die zuständigen Wettbewerbsbehörden unter außergewöhnlichen Umständen beschließen, dass der gemeinsame Verkauf durch eine landwirtschaftliche Erzeugerorganisation entweder neu bewertet werden muss oder nicht stattfinden darf, wenn der Markt insgesamt dadurch beeinträchtigt wird.

Die Leitlinien werden in den kommenden Tagen im Amtsblatt der EU veröffentlicht.

Hintergrund

Von Januar bis Mai 2015 führte die Kommission eine öffentliche Konsultation zum Entwurf der Leitlinien durch. Darüber hinaus wurden das Europäische Parlament und die Wettbewerbsbehörden der Mitgliedstaaten konsultiert.

Durch die zahlreichen Reformen wurde die Marktorientierung der GAP gestärkt. Die europäischen Agrarerzeuger konkurrieren heute Tag für Tag auf vielen Märkten, auf denen sie mit folgenden Herausforderungen konfrontiert sind:

–         zunehmende Nachfrage der Verbraucher nach besseren, nachhaltigen und rückverfolgbaren Erzeugnissen;

–         globaler Wettbewerb durch Einfuhren aus nichteuropäischen Ländern;

–         Geschäftspartner, z. B. Verarbeiter, Hersteller oder Einzelhändler, die oft größer und finanziell stärker sind, da die Mehrzahl der landwirtschaftlichen Betriebe in Europa sehr klein ist.

Gemäß der Folgenabschätzung der Kommission, die im Rahmen der jüngsten GAP-Reform durchgeführt wurde, ist es notwendig, das Funktionieren der Lebensmittelversorgungskette zu verbessern und die Voraussetzungen für einen wettbewerbsfähigeren und innovativeren Agrarsektor zu schaffen. Dazu muss vor allem die Zusammenarbeit zwischen Landwirten über Erzeugerorganisationen und deren Vereinigungen unter Gewährleistung des Wettbewerbs in diesem Sektor gefördert werden.

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