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Europäische Kommission ergreift Maßnahmen zur strafrechtlichen Bekämpfung der Radikalisierung

Am 19. Oktober richten die Europäische Kommission und die luxemburgische Ratspräsidentschaft die erste hochrangige Konferenz über die strafrechtliche Reaktion auf die Radikalisierung aus.

An der Konferenz nehmen Justizminister, Mitglieder des Europäischen Parlaments, Regierungsvertreter, der EU-Koordinator für die Terrorismusbekämpfung, Eurojust und an vorderster Front tätige Praxisvertreter (z. B. Staatsanwalte und Gefängnisdirektoren) teil. Die Bekämpfung der Radikalisierung ist ein Eckpfeiler der Europäischen Sicherheitsagenda, in der die gemeinsamen Maßnahmen der Europäischen Union im Bereich der Terrorismusbekämpfung dargelegt werden.

Die für Justiz, Verbraucher und Gleichstellung zuständige EU-Kommissarin Vera Jourová wird Beratungen über einen besseren Umgang mit der Radikalisierung und angemessene strafrechtliche Reaktionen auf diese gemeinsame Herausforderung leiten. Sie erklärte hierzu: „Die Radikalisierung stellt europaweit eine wachsende Bedrohung dar. Mit der Radikalisierung im Internet und der Problematik der ausländischen Kämpfer sind in den letzten Jahren neue Herausforderungen aufgekommen. Besonderen Anlass zur Sorge gibt die Radikalisierung in Gefängnissen. Die Mitgliedstaaten haben zwar damit begonnen, Initiativen zu ergreifen, um dieser Herausforderung zu begegnen, aber viele Fragen in Bezug auf die optimale Vorgehensweise sind weiterhin offen. Durch die Vernetzung all dieser Erfahrungen wird es einfacher, eine wirksame strafrechtliche Reaktion festzulegen. Die Kommission wird die Mitgliedstaaten durch Finanzierung einschlägiger Projekte und durch Schulung von Angehörigen der Strafjustiz im Umgang mit radikalisierten Personen unterstützen.“

Auf der Konferenz erklärte das für Migration, Inneres und Bürgerschaft zuständige Kommissionsmitglied Dimitris Avramopoulos:Das entschlossene Vorgehen gegen Radikalisierung ist eine wichtige Priorität bei der Terrorismusbekämpfung. In unserer Europäischen Sicherheitsagenda kommt dies sehr deutlich zum Ausdruck. Wir stehen vor einer grenzübergreifenden Herausforderung, die gemeinsame Anstrengungen seitens der Mitgliedstaaten auf verschiedenen Verwaltungsebenen sowie seitens der zuständigen Einrichtungen und der verschiedenen Bereiche erfordert. Deshalb wollen wir unser bestehendes Aufklärungsnetzwerk gegen Radikalisierung durch ein innerhalb von Europol angesiedeltes Exzellenzzentrum stärken, um den Austausch von bewährten Verfahren und Informationen mit mehr als 2000 Fachleuten und Rechtspraktikern in Europa zu verbessern. Mit demselben Ziel werde ich dieses Jahr mit einigen wichtigen Vertretern ein Online-Forum lancieren, um mit Hilfe des Internets die Wirksamkeit unserer gemeinsamen Maßnahmen zur Bekämpfung der Radikalisierung zu erhöhen. Dies ist ein Kampf, den Europa – unsere Gesellschaften, unsere Kultur, unsere Union – nicht verlieren darf.“

Die Beratungen der Minister und Praxisvertreter werden sich auf folgende Themen konzentrieren:

  • Möglichkeiten der Vermeidung einer Radikalisierung in Gefängnissen und der Verbesserung der Risikobewertung – Vertreter von Gefängnisverwaltungen und andere Experten werden über ihre bisherige Vorgehensweise beraten, insbesondere über die Unterbringung der Gefängnisinsassen (getrennt oder in die allgemeine Gefängnispopulation integriert) und über Möglichkeiten der Feststellung von Anzeichen für eine Radikalisierung in der Gefängnisgemeinschaft.
  • Neue Herausforderungen für Richter und Staatsanwälte in den nationalen Strafrechtssystemen, die sich in Bezug auf den Umgang mit potenziellen ausländischen Kämpfern und Rückkehrern stellen. Hier wird es z. B. um die Frage gehen, ob Rehabilitationsprogramme während des Strafverfahrens durchführbar sind.

Die Schlussfolgerungen der Konferenz werden von Kommissarin Jourová und der luxemburgischen Präsidentschaft mit Unterstützung bestimmter Mitgliedstaaten auf der Dezembertagung des Rates Justiz und Inneres präsentiert.

Die Reaktion auf Extremismus und Radikalisierung sollte sich an den gemeinsamen europäischen Werten orientieren, und die Sicherheitsmaßnahmen sollten eine gesellschaftliche Dimension aufweisen. Im Anschluss an ein Kolloquium über Grundrechte, bei dem es um die Bekämpfung von antisemitisch und antimuslimisch motiviertem Hass ging, legte die Kommission konkrete Maßnahmen für die EU, nationale und lokale Behörden, die Zivilgesellschaft, die Medien und Führungspersönlichkeiten der betroffenen Gemeinschaften vor. Diese Maßnahmen reichen von Bildung, Nichtdiskriminierung, religions- und kulturübergreifendem Dialog bis hin zu Maßnahmen zur Bekämpfung von Hassverbrechen und Hassreden.

Hintergrund

Die Europäische Kommission beschäftigt sich bereits seit mehreren Jahren mit dem Problem der Radikalisierung, insbesondere über das im Jahr 2011 eingerichtete Aufklärungsnetzwerk gegen Radikalisierung (RAN). RAN ist ein Dachnetzwerk, das Experten und Praxisvertreter, die sich für die Verhütung von Radikalisierung und gewalttätigem Extremismus in ganz Europa einsetzen, miteinander in Kontakt bringt. Ziel ist der Austausch von Ideen, Know-how und Erfahrungen im Bereich der Bekämpfung von Radikalisierung und gewalttätigem Extremismus.

Im April 2015 stellte die Kommission die Europäische Sicherheitsagenda vor, auf deren Grundlage mit Hilfe zahlreicher politischer Strategien und Instrumente der EU ein besserer Informationsaustausch, eine verstärkte operative Zusammenarbeit und ein erhöhtes gegenseitiges Vertrauen erreicht werden sollen. Prioritäten der Agenda sind die Bekämpfung von Terrorismus, organisierter Kriminalität und Cyberkriminalität. Diese Bereiche sind miteinander verknüpft und weisen eine starke grenzübergreifende Dimension auf, so dass EU-Maßnahmen sehr wirksam sein können. Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf der Bedeutung der strafrechtlichen Dimension der Bekämpfung von Terrorismus und organisierter Kriminalität. In der Agenda hat die Kommission fünf Prioritäten für die strafrechtliche Reaktion auf Terrorismus festgelegt, zu denen auch die Ausarbeitung wirksamer Deradikalisierungs- und Ausstiegsprogramme sowohl innerhalb als auch außerhalb von Haftanstalten gehört.

In den Schlussfolgerungen des Rates Justiz und Inneres vom 15./16. Juni 2015 zur erneuerten EU-Strategie der inneren Sicherheit 2015-2020 wird die Zusage der Mitgliedstaaten bekräftigt, sich mit diesem Thema zu beschäftigen. Die Schlussfolgerungen bilden die Grundlage für die Zusammenarbeit und das gemeinsame Handeln in den nächsten fünf Jahren. Vorrangige Ziele sind die Verhinderung der Radikalisierung in Gefängnissen und die Entwicklung wirksamer Deradikalisierungs- und Ausstiegsprogramme.

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