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Kommission unterzeichnet dreijähriges ESM-Stabilitätshilfeprogramm für Griechenland

Am Mittwochabend hat die Europäische Kommission das Memorandum of Understanding (MoU) mit Griechenland für ein neues Stabilitätshilfeprogramm unterzeichnet. Der Europäische Stabilitätsmechanismus (ESM), der 2012 in Reaktion auf die weltweite Finanzkrise als „Brandschutzmauer“ Europas errichtet wurde, wird in den kommenden drei Jahren Darlehen in Höhe von bis zu 86 Mrd. EUR an Griechenland auszahlen können, sofern die griechische Regierung die im MoU genannten Reformen umsetzt und damit grundlegende wirtschaftliche und soziale Herausforderungen angeht.

Nach monatelangen intensiven Verhandlungen liegt nun ein Programm vor, das dazu beitragen wird, Unsicherheiten zu beseitigen sowie die Wirtschafts- und Finanzlage zu stabilisieren und Griechenland so dabei helfen wird, zu nachhaltigem Wachstum zurückzukehren, das auf soliden öffentlichen Finanzen, einer gestärkten Wettbewerbsfähigkeit, einem funktionierenden Finanzsektor, neuen Arbeitsplätze und sozialem Zusammenhalt beruht. Im Einklang mit Artikel 13 des ESM-Vertrags sind im MoU die Reformziele und die zur Freigabe der ESM-Mittel zu erfüllenden Auflagen im Einzelnen aufgeführt. Die Auszahlung der Mittel ist an die Fortschritte bei der Umsetzung geknüpft. Die Umsetzung wird von der Kommission – im Benehmen mit der Europäischen Zentralbank und nach Möglichkeit zusammen mit dem Internationalen Währungsfonds – überwacht. Zu diesem Zweck werden regelmäßige Überprüfungen vorgenommen.

Der für den Euro und den sozialen Dialog zuständige Vizepräsident Valdis Dombrovskis, der das MoU im Namen der Kommission unterzeichnet hat, erklärte: „Mit diesem Programm erhält die griechische Regierung eine Chance, gegenseitiges Vertrauen, Finanzstabilität und Vertrauen wiederherzustellen und somit die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass die griechische Wirtschaft wieder wachsen kann. Nun kommt es darauf an, die vereinbarten Reformen zügig umzusetzen. Dies wird es Griechenland ermöglichen, seine Wettbewerbsfähigkeit wiederzuerlangen und ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum zu erreichen.“

Kommissar Pierre Moscovici, zuständig für Wirtschafts- und Finanzangelegenheiten, Steuern und Zoll, erklärte: Die Einigung auf dieses Programm ist eine gute Nachricht für Griechenland wie auch für die Europäische Union als Ganzes. Damit werden die Bedingungen für mehr Wachstum, Stabilität, Investitionen und Beschäftigung geschaffen. Durch die Kombination von Solidarität und Verantwortung schlagen Griechenland, die anderen Mitglieder des Euro-Währungsgebiets und die Institutionen nun ein neues Kapitel auf, das auf Reformen, Fairness und gemeinsamem Vertrauen beruht.“

Marianne Thyssen, die für Beschäftigung, Soziales, Qualifikationen und Arbeitskräftemobilität zuständige Kommissarin, sagte: „Diese Kommission hat es zur Priorität erklärt, sozial faire Anpassungen in den Mittelpunkt neuer Hilfsprogramme zu stellen. Heute haben wir diese Zusage erstmals eingelöst, indem wir die sozialen Auswirkungen des neuen Programms für Griechenland eingehend bewertet haben und damit sicherstellen, dass das Programm sozial fair ist und durchgängig den Schutz der Schwächsten gewährleistet.“

Entsprechend der von Präsident Jean-Claude Juncker formulierten Politischen Leitlinien hat die Kommission in ihrer Eigenschaft als Verhandlungspartnerin bei dem neuen Programm besonderes Gewicht auf den Aspekt der sozialen Fairness gelegt. Ziel war es, für eine gleichmäßige Verteilung der Lasten zu sorgen und die schwächsten Glieder der Gesellschaft zu schützen. Die Kommission veröffentlicht heute eine Bewertung der sozialen Auswirkungen des Programms. Bei ihrer Analyse ist sie zu dem Schluss gelangt, dass die im Programm vorgesehenen Maßnahmen, wenn sie vollständig und rechtzeitig umgesetzt werden, Griechenland dabei helfen werden, auf finanziell tragfähige und sozialverträgliche Weise zu Stabilität und Wachstum zurückzukehren. Ebenso werden sie dazu beitragen, den dringendsten sozialen Bedürfnissen und Herausforderungen in Griechenland gerecht zu werden.

Im Fokus der Kommission stehen insbesondere folgende Maßnahmen:

  • schrittweise Einführung eines garantierten Mindesteinkommens und Sicherstellung einer allgemeinen Gesundheitsversorgung;
  • Gewährleistung, dass die dem Einzelnen abverlangte Anstrengung dem jeweiligen Einkommen angemessen ist;
  • Konzentration der Sparmaßnahmen auf Bereiche, die sich nicht direkt im Portemonnaie des Durchschnittsbürgers bemerkbar machen, z. B. Kürzung der Verteidigungsausgaben oder Beseitigung von Ineffizienzen in verschiedenen Bereichen der öffentlichen Ausgaben;
  • Zurückstellung von Partikularinteressen, z. B. schrittweise Abschaffung von Steuervergünstigungen für Reeder und Landwirte oder Aufhebung einer Vielzahl von Ausnahmeregelungen (etwa bei den Mehrwertsteuersätzen für einige Inseln) oder ungerechtfertigten Subventionen;
  • Stärkung der Rolle der Sozialpartner und Modernisierung des Tarifverhandlungssystems;
  • Bekämpfung von Korruption, Steuerhinterziehung und Schwarzarbeit;
  • Förderung einer transparenteren und effizienteren öffentlichen Verwaltung, u. a. durch Stärkung der Unabhängigkeit der Steuerverwaltung, Reorganisation von Ministerien und eine engere Verknüpfung zwischen Verdienst und beruflicher Verantwortung.

In Ergänzung des Programms und zur Verbesserung seiner Erfolgsaussichten hat die Kommission am 15. Juli einen Beschäftigungs- und Wachstumsplan für Griechenland vorgelegt, in dessen Rahmen bis 2020 etwa 35 Mrd. EUR für Investitionen in Menschen und Unternehmen bereitgestellt werden sollen. Bei einer Erhöhung des Vorfinanzierungsanteils der Förderprogramme 2014-2020 in Griechenland um 7 Prozentpunkte wäre es möglich, 1 Mrd. EUR der Mittelzuweisungen für das Land schneller für neue, von der EU kofinanzierte Projekte verfügbar zu machen.

Darüber hinaus baut die Kommission ihr Angebot an technischer Hilfe und fachlicher Unterstützung aus. Eigens zu diesem Zweck hat sie im Juli ihren neuen Dienst zur Unterstützung von Strukturreformen (SRSS) eingerichtet. Der SRSS soll als zentrale Anlaufstelle dienen, die gebündelte Fachkompetenz der Kommissionsdienststellen, der Behörden der Mitgliedstaaten und anderer internationaler Organisationen verfügbar machen und bei der Planung und Überwachung von Reformen behilflich sein.

 

Hintergrund

Am 8. Juli 2015 beantragte die Hellenische Republik (Griechenland) beim ESM eine Stabilitätshilfe in Form einer Darlehensfazilität, um ihren Schuldenrückzahlungsverpflichtungen nachkommen und die Stabilität ihres Finanzsystems gewährleisten zu können. Am 23. Juli 2015 ersuchte Griechenland zusätzlich beim Internationalen Währungsfonds (IWF) um finanzielle Unterstützung.

Auf dem Euro-Gipfel vom 12./13. Juli wurde Bilanz gezogen und eine ausführliche Erklärung zum weiteren Vorgehen abgegeben.

Im Einklang mit der Erklärung des Euro-Gipfels verabschiedete Griechenland am 15. und am 22. Juli mehrere Gesetzespakete.

Am 17. Juli forderte die Euro-Gruppe die Institutionen auf, die Verhandlungen über ein MoU aufzunehmen, in dem gemäß Artikel 13 des ESM-Vertrags die mit der Finanzhilfefazilität für den Zeitraum 2015-2018 verbundenen Auflagen festgelegt werden. Die Arbeiten wurden von der Europäischen Kommission im Benehmen mit der Europäischen Zentralbank und zusammen mit dem Internationalen Währungsfonds und dem Europäischen Stabilitätsmechanismus durchgeführt.

Am 11. August erzielten die griechischen Behörden und die Institutionen auf Arbeitsebene eine Einigung über das MoU, das dann am 14. August auf politischer Ebene von den Finanzministern des Euro-Währungsgebiets gebilligt wurde.

Am 14. August erließ die griechische Regierung ein weiteres Gesetzespaket ( so genannte: „vorrangige Maßnahmen“).

Nach Genehmigung durch die nationalen Parlamente (soweit erforderlich) wurde das MoU am 19. August vom Gouverneursrat des ESM angenommen. Anschließend wurde es von der Kommission – im Namen des ESM – sowie von der griechischen Regierung und der Zentralbank unterzeichnet.

Nach den Programmen für Zypern und Spanienist dies das dritte ESM-Programm.

Die Rolle der Europäischen Kommission bei diesen Programmen und die Rechtsgrundlage wurden von den Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets im ESM-Vertrag festgelegt:

– Bewertung –im Benehmen mit der EZB – der Notwendigkeit und der Gründe für die Gewährung einer Stabilitätshilfe)

– Aushandlung – durch die Kommission im Benehmen mit der EZB und nach Möglichkeit zusammen mit dem IWF – des Memorandum of Understanding mit dem betreffenden Mitgliedstaat, in dem die mit der Finanzhilfefazilität verbundenen Auflagen im Einzelnen ausgeführt werden

– Unterzeichnung des MoU im Namen des ESM

– Überwachung – durch die Kommission im Benehmen mit der EZB und nach Möglichkeit zusammen mit dem IWF – der Einhaltung der mit der Finanzhilfefazilität verbundenen Auflagen

über dubi

Siehe auch

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